Dieses Buch enthält den wesentlichen Inhalt einer Vortragsreihe, die ich im Januar 1971 in Vellore anlässlich der 20. Jubiläumskonferenz der „Evangelical Fellowship of India" [Indische Evangelische Allianz] gab.
Ich spreche hier nicht als Einer, der das Ziel bereits erreicht hat, sondern als jemand, der dem vorgesteckten Ziel nachjagt und der sich der Tatsache schmerzlich bewusst ist, dass er noch einen langen Weg vor sich hat.
Es ist meine Überzeugung, dass das Wort Gottes treu verkündet werden muss, auch wenn der Bote in diesem Prozess selber herausgefordert wird. Ich betrachte diese Worte daher zuallererst als Gottes Wort für mein eigenes Herz. Sie überführen mich in mehr als einem Punkt.
Es gefiel dem Herrn, dieses Wort bei der Konferenz zu segnen, weil viele Menschen überall auf der Welt gebetet haben. Es wird nun mit dem Gebet ausgesandt, dass es für noch viel mehr Menschen ein Segen wird.
Die Botschaften werden hier in der gesprochenen Form wiedergegeben.
- Zac Poonen
„Was die Kirche heute braucht sind weder mehr oder bessere Maschinen, weder neue Organisationen oder mehr und neue Methoden, sondern Menschen, die der Heilige Geist gebrauchen kann … Der Heilige Geist fließt nicht durch Methoden, sondern durch Menschen. Er kommt nicht auf Maschinen, sondern auf Menschen herab. Er salbt nicht Pläne, sondern Menschen.
Natürliche Fähigkeiten und Vorteile auf Grund einer guter Ausbildung spielen in dieser Sache keine Rolle; aber das Vermögen zu glauben, die Fähigkeit, zu beten, die Kraft vollständiger Hingabe, die Fähigkeit, in den eigenen Augen klein zu sein, ein absolutes Ausliefern des eigenen Ichs an Gottes Herrlichkeit und ein allgegenwärtiges und unersättliches Verlangen und Trachten nach der ganzen Fülle Gottes - Menschen, die die Kirche für Gott mit Feuer entfachen können; nicht in einer lauten, angeberischen Weise, sondern mit einer intensiven und ruhigen Hitze, die alles schmilzt und alles für Gott in Bewegung setzt.
Gott kann Wunder tun, wenn er geeignete Menschen finden kann."
- E. M. Bounds
Über die Jahrhunderte hinweg waren die Männer und Frauen, die Gott gebrauchen konnte, um die Mächte der Finsternis in die Flucht zu schlagen, für seinen Namen einen bleibenden Einfluss auf die Heiden auszuüben und ein Zeugnis für seine Herrlichkeit aufzurichten, stets gering an Zahl. Die Segnungen Gottes werden von vielen empfangen, aber der aktive Überrest, der mit Gott zusammenarbeitet, war stets eine kleine Gruppe. Von Gideons Armee, die 32.000 Mann umfasste, konnte Gott nur 300 gebrauchen. Das Verhältnis ist im Laufe der Kirchengeschichte ungefähr dasselbe gewesen. Nur wenige sind bereit, den Preis zu bezahlen, um ein Teil dieses Überrestes zu sein.
Die Augen des Herrn, so glaube ich, schauen heute alle Lande, um solche Männer zu finden - Männer von geistlichem Kaliber -, die Gott gebrauchen kann, um seinen großen Namen zu verherrlichen, wo er gegenwärtig in Verruf gebracht wird.
Auf eine ähnliche Weise sandte Gott vor 2500 Jahren in Israel, als der Name des Herrn entehrt wurde, eine Botschaft mit folgenden Worten an sein Volk: „Und die Heiden sollen erfahren, dass ich der Herr bin … wenn ich vor ihren Augen an euch zeige, dass ich heilig bin" (Hes 36,23; Lutherbibel 1984). In dieser Botschaft ist eine Verheißung enthalten, aber eine Verheißung, die auf einer Bedingung beruht. Die Heiden würden nur dann erkennen, dass der Herr der wahre Gott ist, wenn er im Leben der Menschen, die zu seinem Volk gehörten, geheiligt würde.
Gott hält heute Ausschau nach Männern und Frauen, die ihm erlauben, auf diese Weise in ihnen verherrlicht zu werden, sodass die Menschen in ihrer Umgebung es zu erkennen beginnen und für seinen Namen ein Einfluss auf sie ausgeübt wird. Wir finden dies im Leben eines Mannes Gottes, der im 9. Jahrhundert vor Christus lebte, beispielhaft dargestellt. Wenn wir uns sein Leben anschauen, werden wir mindestens drei Dinge sehen, die einen Diener Gottes im 20./21. Jahrhundert charakterisieren sollten.
Elisa war ein Mann mit den gleichen Leidenschaften wie wir sie haben, doch er übte in seiner Generation einen Einfluss für Gott aus. Im Bericht über sein Leben, der uns in der Heiligen Schrift überliefert wird, gibt es drei Ereignisse, wo wir von dem Eindruck lesen, den er auf andere machte. Schauen wir uns diese der Reihe nach an.
„Und es begab sich eines Tages, dass Elisa nach Schunem ging. Dort war eine reiche Frau; die nötigte ihn, dass er bei ihr aß. Und sooft er dort durchkam, kehrte er bei ihr ein und aß bei ihr. Und sie sprach zu ihrem Mann: Siehe, ich merke, dass dieser Mann Gottes heilig ist, der immer hier durchkommt" (2Kön 4,8-9).
Die Frau, die diese Beobachtung machte, war eine „reiche und einflussreiche Frau" (Amplified Bible). Sie war keine leichtgläubige Person, die man leicht durch den äußeren Schein täuschen konnte. Elisa hatte ihr Haus öfters besucht und sie hatte ihn Tag für Tag beobachtet, so wie uns die Heiden beobachten. Sie kam schließlich zur gesicherten Schlussfolgerung, dass Elisa ein heiliger Mann Gottes war.
Geschwister, wenn andere uns beobachten, wenn sie nicht in der Lage sind, zur selben Schlussfolgerung zu kommen, dann wird alles, was wir sonst sagen oder tun mögen, nutzlos sein. Ich spreche nicht über den Eindruck, den wir auf Menschen machen, die wenig über uns wissen, sondern von denen, die uns häufig treffen, von den Menschen, mit denen wir leben, von jenen, die uns durch und durch kennen.
Was ist der Eindruck, den wir auf andere machen? Halten sie uns bloß für schlau und geistreich und redegewandt oder vielleicht für jemanden mit einer dynamischen Persönlichkeit? Diese Eigenschaften sind für Verkäufer unentbehrlich und exzellent, aber wir sind nicht berufen, Verkäufer zu sein. Wir sind in erster Linie berufen, heilige Männer und Frauen Gottes zu sein.
In unseren Gemeinden und christlichen Organisationen haben wir viele Prediger und Solisten und Theologen und Verwalter. Wir danken Gott für jeden einzelnen von ihnen. Aber haben wir heilige Männer Gottes? Das ist die wichtige Frage. Nur wenn wir heilige Männer und Frauen bekommen, werden wir eine echte Erweckung erleben.
Ich glaube, dass die Behauptung zutrifft, dass wir gewöhnlich die Art von Mensch werden, nach der wir in unserem Herzen verlangt haben. Hätten wir uns wirklich danach gesehnt, heilige Männer und Frauen Gottes zu werden - und erinnere dich daran, dass Gott das tiefste Verlangen in unserem Herzen kennt und darauf antwortet -, wären wir wirklich solche Menschen gewesen.
Wenn wir also heute nicht heilig sind, liegt es vielleicht daran, dass unsere wahren Ambitionen anderswo lagen. Vielleicht sind wir damit zufrieden, einfach schlau und dynamisch zu sein und einen administrativen Scharfsinn zu haben. Es ist einfach zu sagen, wir strebten vor allem anderen nach Heiligkeit, weil es das Richtige zu sagen ist. Aber so wie es bei Gottes Volk zur Zeit Jesajas und Hesekiels der Fall war, können das tiefste Begehren unseres Herzens und das Bekenntnis unserer Lippen meilenweit auseinanderliegen (Jes 29,13; Hes 33,31).
Wir können einen Segen predigen oder wir können zwei Segnungen predigen. Aber keine Theorie von Heiligkeit kann jemals ein Ersatz für ein wirklich heiliges Leben sein - ein Leben, das„die Heiligkeit, die keine Illusion ist", besitzt (Eph 4,24; J.B. Phillips).
Wir wissen, dass einige unserer nicht-christlichen Freunde in Indien einen sehr hohen moralischen Standard haben. Wenn sie in uns einen niedrigeren Standard von Heiligkeit sehen, als den, den ihre Religion sie lehrt, wie können wir sie dann jemals zum Herrn Jesus Christus ziehen? Wie traurig aber wahr ist es, dass einige überzeugte Nicht-Christen oft ein höheres Maß an Integrität und eine größere Aufrichtigkeit als viele Christen an den Tag legen. Wir sollten über diese Tatsache beschämt sein, vor Gott auf unser Angesicht fallen und ihn um seine Barmherzigkeit anflehen.
Wir brauchen echte heilige Männer und Frauen in unseren Gemeinden und besonders unter unseren christlichen Leitern. Ohne sie werden alle unsere Anstrengungen, unser Land für Christus zu gewinnen, vergeblich sein.
Wir Christen bekennen, dass der Geist Gottes in uns wohnt. Aber vergessen wir nicht, dass der, der in uns wohnt, der Heilige Geist genannt wird, und dass seine wichtigste Funktion nicht darin besteht, uns Gaben zu geben, sondern um uns heilig zu machen.
Als Jesaja eine Vision Gottes sah, hörte er die Serafim, die vor Gottes Thron waren, nicht „allmächtig, allmächtig, allmächtig", noch „barmherzig, barmherzig, barmherzig", sondern „heilig, heilig, heilig", rufen. Jeder, der einen solchen Anblick gesehen hat, wird erkennen, dass es kein Leichtes ist, ein Diener eines solchen Gottes zu sein. Heiligkeit ist eine zwingend erforderliche Notwendigkeit im Leben einer Person, die berufen wurde, den Hohen und Erhabenen, dessen Name heilig ist, zu repräsentieren.
Die Tatsache, dass unser Gott ein unendlich heiliger Gott ist, sollte in unserem Leben der größte Ansporn sein.„Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig", sagt der Herr (1Pt 1,15). Wenn wir nur deswegen nach Heiligkeit trachten, weil wir möchten, dass Gott uns gebraucht, ist unser Motiv selbstsüchtig. Wir sollten den Wunsch haben, heilig zu sein, weil unser Gott heilig ist, ohne Rücksicht darauf, ob er uns gebraucht oder nicht.
Als Elisa umherwanderte, war dies der Eindruck, den er auf alle machte, mit denen er in Kontakt kam - dass er ein heiliger Mann Gottes war. Die Menschen mögen seine Botschaften und sogar die drei Punkte seiner Predigten vergessen haben, aber sie konnten die Wirkung seines Lebens nicht vergessen. Was für eine Herausforderung sollte dies für uns sein! Wie sehr sollten wir das begehren - mehr als bloß ein eloquenter Prediger zu sein, der die Heilige Schrift wunderbar auslegt und der administrative Fähigkeiten hat -, dass wir vor allem heilige Männer Gottes sind. Menschen können den Eindruck, den solche Menschen auf sie gemacht haben, nicht leicht aus ihrem Gedächtnis streichen.
Auf meinen Reisen durch unser Heimatland habe ich viele christliche Leiter und Missionare mit wunderbaren Gaben getroffen. Ich habe viele Angeber und Extrovertierte getroffen. Aber ich habe sehr wenige getroffen, zu denen ich als heilige Männer Gottes aufschauen konnte. Ich hoffe, ich liege in meiner Einschätzung falsch - aber ich fürchte, dass ich Recht habe.
Die Tatsache, dass Gott einen Mann in seinem Dienst gebraucht ist kein Hinweis darauf, dass der Mann heilig ist und dass sein Leben Gott wohlgefällt. Gott benutzte einmal einen Esel, um seine Botschaft zu verkünden, er benutzte auch den Besitzer des Esels, Bileam, um zu prophezeien, obwohl der Mann selber korrupt war. Wenn Gott einen Mann gebraucht, um sein Wort zu verkünden, liegt dies oft an seiner Gnade und weil er die Menschen liebt, denen der Mann dient und nicht unbedingt daran, weil er mit dem Leben des Mannes zufrieden ist.
Nein, wir müssen keine heiligen Männer sein, um das Wort auf beeindruckende Weise weiterzugeben. Aber wir müssen heilige Menschen sein, wenn wir ein Teil des Überrestes sein wollen, der Gottes Kämpfe hinter den Kulissen fortführt und mit ihm beim Bau dessen, was in alle Ewigkeit nicht erschüttert werden kann, zusammenarbeitet.
Ich habe mich selbst gefragt, warum wir so wenige heilige Männer und Frauen in unseren Gemeinden haben, und ich stieß auf mindestens drei Gründe dafür.
Falschheit
Der erste Grund, so bin ich mir sicher, ist das Überhandnehmen von Falschheit. Der erste Schritt zu praktischer Heiligkeit besteht stets darin, frei von aller Falschheit und Heuchelei zu sein.
Niemand kann ein heiliger Mann Gottes sein, wenn er nicht von ganzem Herzen danach strebt, Arglist und Falschheit gänzlich aus seinem Leben zu entfernen. Der Überrest, der in Offenbarung 14,1-5 dargestellt ist, wird als völlig ohne Falsch beschrieben. Sehr oft ist in uns mehr Falschheit als wir denken. Es gibt keinen unter uns, der, wenn wir ehrlich sind, nicht bekennen muss, dass wir oft danach streben, gegenüber anderen einen besseren Eindruck zu erwecken als es in Wirklichkeit der Fall ist. Wir müssen diese Angewohnheit loswerden. Wir müssen ständig dagegen ankämpfen und diese Angewohnheit in den Tod geben, wenn wir wirklich heilig sein möchten. Wir sollten danach streben, transparent zu sein und als der, der wir wirklich sind, bekannt zu sein. Ich weiß, dass dies nicht einfach ist. Es ist ein lebenslanger Kampf, immer frei von allem Falsch zu sein. Aber dies ist der erste Schritt und ohne diesen wird es niemals eine Erweckung geben. Wir betrügen uns bloß selbst, wenn wir glauben, dass Gott unsere Gebete um Erweckung erhören wird, wenn wir nicht eine entschlossene Anstrengung machen, Falschheit aus unserem Leben zu entfernen.
Es ist Falschheit, die auch christliche Gemeinschaft hindert. Allzu oft gibt es in den Herzen von christlichen Leitern und Missionaren versteckten Groll und einen unversöhnlichen Geist. Unterhalb einer äußerlich freundlichen Fassade der Geistlichkeit befinden sich diese schlammigen Übel des bodenlosen Abgrunds. Sie müssen ans Tageslicht gebracht und aufgegeben werden, wenn wir heilige Männer Gottes sein wollen.
Falschheit und Heuchelei waren die Sünden, die Jesus mehr als irgendeine andere Sünde verurteilte. „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, vor ihrer Heuchelei", sagte er zu seinen Jüngern. Als diese Sünde in der Urkirche in Erscheinung trat, befasste sich Gott damit auf drastische Weise. Er tötete das Ehepaar [Hananias und Saphira], das sich daran beteiligte, umgehend, damit nicht der ganze Klumpen von diesem kleinen Sauerteig durchsäuert würde (Apg 5).
Ich habe oft Jesu Zeugnis über Nathanael gelesen und darüber nachgedacht: „Siehe, ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist" (Joh 1,47). Ich habe mich gefragt, ob es ein größeres Lob gibt, das wir mehr begehren sollten. Wir müssen uns selber fragen, ob Gott über uns das Gleiche sagen kann. Leider kann er das oft nicht - denn er sieht in uns die Sünden, die wir sorgfältig vor den Augen unserer Mitmenschen versteckt haben.
Gesegnet ist in der Tat der Mann, in dem kein Falsch ist.
Ein Mangel an Disziplin
Ein zweiter Grund für den Mangel an Heiligkeit in unserer Zeit besteht darin, dass wir uns selber nicht strikt disziplinieren. Das Neue Testament legt große Betonung auf die Disziplinierung der Glieder unseres Leibes - besonders auf das Ohr, das Auge und die Zunge. In Römer 8,13 sagt Paulus, dass wir uns des geistlichen Lebens nicht erfreuen können, wenn wir die Taten des Fleisches nicht durch die Kraft des Heiligen Geistes töten. In 1. Korinther 9,27 sagt er uns, wie streng er seinen eigenen Leib züchtigte. Egal welche Erfahrung der Heiligung wir gehabt haben mögen, wir müssen dennoch, so wie Paulus es tat, die Glieder unseres Leibes bis zum Ende unseres Lebens zähmen, wenn wir heilig sein wollen.
Wir müssen in Bezug auf die Art von Gesprächen, denen wir Gehör schenken, Disziplin üben. Wir können es uns nicht leisten, unsere Zeit zu vergeuden, indem wir auf Tratsch und Verleumdung hören und dann erwarten, dass unsere Ohren auf der richtigen Wellenlänge sind, um Gottes Stimme zu hören.
Wir müssen unsere Augen disziplinieren, was wir ihnen zu sehen und zu lesen erlauben - besonders in der heutigen Zeit. Mehr als ein Missionar und Diener Gottes sind in Unmoral verfallen, weil sie ihre Augen nicht gewohnheitsmäßig kontrolliert haben. Und noch viel mehr Menschen straucheln ständig in ihrem Gedankenleben, weil sie in diesem Bereich keine Disziplin üben. „Wende meine Augen ab, dass sie nicht sehen nach unnützer Lehre" [nach Eitelkeit] - das sollte auch unser ständiges Gebet sein (Ps 119,37).
Auch unsere Zunge muss unter der Kontrolle des Heiligen Geistes sein. Vielleicht gibt es kein Glied, das mehr geistlichen Tod in der christlichen Kirche verbreitet als die menschliche Zunge. Als Jesaja Gottes Heiligkeit sah, wurde er in erster Linie über die Art und Weise, wie er seine Zunge gebraucht hatte, überführt. Offensichtlich hatte er das nicht erkannt, bis er sich selber im Lichte Gottes sah.
Der Herr sagte zu Jeremia, dass er nur dann Gottes Sprachrohr sein konnte, wenn er seine Zunge auf eine sorgfältige Weise gebrauchte - wenn er in seiner Rede das Wertlose vom Wertvollen trennte (Jer 15,19).
Diese Propheten konnten es sich nicht leisten, in der Art und Weise, wie sie ihre Zunge benutzten, unvorsichtig zu sein, sonst hätten sie das Privileg, Gottes Sprecher zu sein, verwirkt. Sie konnten sich nicht losem Gerede, faulem Geschwätz, Tratsch, Verleumdung und Kritik hingeben und ungeschoren davonkommen. Sie würden dadurch ihre Berufung verloren haben. Das könnte ein Grund sein, warum wir heute kaum Propheten haben.
Watchman Nee sagte in seinem Buch The Normal Christian Worker: „Wenn ein christlicher Arbeiter auf unratsame Weise über alles Mögliche redet, wie kann er dann erwarten, dass der Herr ihn benutzt, um sein Wort zu verkündigen? Wenn Gott uns jemals sein Wort in unseren Mund gelegt hat, dann liegt eine ernste Verpflichtung auf uns, diese Lippen allein für seinen Dienst zu bewahren. Wir können nicht an einem Tag ein Glied unseres Leibes zu seinem Gebrauch hingeben und es am nächsten Tag zurücknehmen und es nach unserem eigenen Ermessen gebrauchen. Was wir ihm einmal hingegeben haben, gehört ihm ewiglich."
Wie im menschlichen Körper ein Arzt unseren Gesundheitszustand oft diagnostizieren kann, indem er unsere Zunge anschaut, so ist es auch im geistlichen Bereich. Jakobus sagt uns, dass die Art und Weise, wie ein Mensch seine Zunge gebraucht, ein Test für seine Geistlichkeit ist (Jak 1,26). Er wagt die Aussage, dass jemand, der seine Zunge kontrollieren kann, ein vollkommener Mann ist (Jak 3,2).
Keine Zeit für Gott
Ein dritter Grund für den allgemeinen Mangel an Heiligkeit in unserer Zeit ist die Tatsache, dass wir nicht genug Zeit allein mit Gott verbringen. Kein Mensch kann heilig sein, wenn er nicht den Entschluss fasst, dass das Wichtigste im Leben darin besteht, im Allerheiligsten Zeit mit Gott zu verbringen. Das ist unsere höchste Priorität.
Das Antlitz Moses leuchtete, aber nur, nachdem er auf dem Berg 40 Tage lang allein mit Gott verbracht hatte. Er war ein heiliger Mann Gottes, weil er Gott von Angesicht zu Angesicht kannte. Das Gleiche trifft auch auf Elisa zu. Er konnte Gott den „Herrn Zebaoth, vor dem ich stehe", nennen (2Kön 3,14; 5,16). Er wusste, was es bedeutete, Gott oft von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und es war diese Erfahrung, die ihn heilig machte.
In unserer heutigen Zeit bewegen sich die Dinge in einem solch gewaltigen Tempo, dass wir leicht im hektischen Treiben von Aktivität gefangen werden und schließlich keine Zeit für Gott haben. Auf diese Weise beraubt uns der Teufel unserer geistlichen Vitalität. Er bringt uns dazu, die Priorität auf Aktivitäten und Ausschusssitzungen zu legen, sodass das Allerheiligste vernachlässigt wird.
Es war für mich immer eine Herausforderung, von Zeiten zu lesen, als Jesus von den Menschen wegging, um mit dem Vater allein zu sein. Einmal ging er am Ende eines arbeitsreichen Tages, an dem er gepredigt und den physischen Bedürfnissen Tausender gedient hatte, allein auf einen Berg, um eine stille Zeit mit seinem Vater zu haben (Mt 14,23). Bei einem anderen Anlass, als er am Tag zuvor bis spät in die Nacht Kranke geheilt hatte, stand er frühmorgens auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten (Mk 1,35). Dies ist das Beispiel, das uns vom Sohn Gottes gegeben wurde, der beschäftigter war als es irgendjemand von uns je sein könnte. Wer von uns würde im Lichte dessen zu behaupten wagen, dass wir ohne Zeit, in der wir auf Gott warten, auskommen könnten?
Weil Elisa wusste, was es bedeutete, häufig vor Gott zu stehen, wusste er auch, wie man Sünde furchtlos tadelt. Er sagte dem König von Israel furchtlos genau das, was Gott von ihm dachte. Er konfrontierte sogar seinen eigenen Mitarbeiter Gehasi mit einer Sünde, als Letzterer seiner Habgier zum Opfer fiel. Elisa tat dies ohne zu versuchen, taktvoll oder diplomatisch zu sein und ohne um den Brei herumzureden.
Es gibt ohne Zweifel einen Platz für Diplomatie und Takt, aber es gibt auch Zeiten, wenn ein treues und furchtloses Tadeln der Sünde notwendig ist. Wie kommt es, dass es unter uns so wenige gibt, die die Stimme gegen Sünde, Weltlichkeit und Kompromisse in christlichen Kreisen, die heute so verbreitet sind, erheben? Ich fürchte, der Grund besteht darin, dass wir das Lob von Menschen suchen und daher niemanden beleidigen wollen. Ein solch fleischliches Verlangen rührt wiederum von der Tatsache her, dass wir zu wenig Zeit in der Gegenwart Gottes verbringen, um seine Furcht zu lernen.
Wenn wir Propheten Gottes sein wollen ist es unbedingt notwendig, dass wir die Stimme gegen alle Kompromisse erheben, die die Maßstäbe senken, die Gott in seinem Wort niedergelegt hat, und dass wir uns gegen alles stellen, wogegen sich auch Gott selber stellt. Wir werden diesen Stand nicht nur als Einzelne sondern auch als Leib von Gläubigen einnehmen müssen. Wenn wir in dieser Zeit als Gruppe von Evangelikalen zu den Kirchen in Indien nicht mit einer prophetischen Stimme sprechen, dann werden wir unserer Verantwortung vor Gott nicht gerecht werden.
Wenn wir unsere prophetische Stimme gegen alles, was Gottes höchsten Zweck für seine Kirche verfehlt, erheben, mögen vielleicht unsere Mitgliederzahlen schrumpfen, aber Gott war immer mehr an Qualität als an Quantität interessiert. Wir brauchen den schmalen Weg nicht breiter zu machen als Gott selber ihn gemacht hat.
Die alten Propheten wurden von den Menschen ihrer Epoche immer missverstanden und abgelehnt und dasselbe Schicksal erwartet jeden, der heute ein Prophet ist. Aber wir können von den weisen Worten A. B. Simpsons, dem großen Mann Gottes, Mut schöpfen, der die „Christian and Missionary Alliance" gründete. Er sagte: „Der wahre Maßstab für den Wert eines Menschen ist nicht immer die Anzahl seiner Freunde, sondern manchmal die Anzahl seiner Feinde. Jeder, der ein Leben führt, das seiner Zeit voraus ist, kann sicher sein, dass er missverstanden und oft verfolgt wird. Daher müssen wir oft erwarten, dass wir unpopulär sind, dass wir oft allein stehen, dass wir sogar verleumdet, vielleicht vehement und fälschlich angegriffen und ‚aus dem Lager' der religiösen Welt ausgestoßen werden."
Gott hält heute nicht bloß nach Predigern Ausschau, sondern nach Propheten, die sein Wort treu verkünden werden, so wie es die früheren Propheten taten - Männer, von denen man wie von Elisa sagen konnte : „Des Herrn Wort ist bei ihm" (2Kön 3,12).
Aber es gibt keine Abkürzung zu einem solchen Dienst. Propheten werden nicht wie Instantkaffee in wenigen Augenblicken gemacht. Noch werden sie durch Ausbildung an einem Seminar gemacht. Wir müssen wissen, was es bedeutet, lange Stunden in Gottes Gegenwart zu verbringen, seine Herrlichkeit zu sehen, seine Stimme zu hören und in sein Ebenbild verwandelt zu werden.
Ja, wir müssen zuerst heilig sein, bevor wir Propheten sein können.
Gebet um Erweckung
Geschwister, bevor wir mit dem Gebet um Erweckung fortfahren, müssen wir uns zuerst die Frage stellen, ob wir bereit sind, den Preis zu bezahlen, der damit verbunden ist, heilige Männer und Frauen Gottes zu sein.
Oft wenn wir beten, so fürchte ich, muss Gott zu uns sagen, mit dem Beten aufzuhören. Ja, es gibt Zeiten, wenn Gott nicht möchte, dass seine Kinder beten. Er sagte einmal zu Josua: „Bete nicht, Josua. Du verschwendest deine Zeit." Und bis Josua aufstand und Achans Sünde öffentlich bloßlegte und die Dinge im Lager Israels bereinigte, weigerte sich Gott, auf seine Gebete zu hören (Jos 7,10-13).
So müssen wir uns also fragen, wenn wir zum Thron der Gnade kommen, ob Gott zuhört. Vielleicht hört er uns nicht zu. Wir haben die Sache mit jenem Bruder, mit dem die Gemeinschaft zerbrochen ist, noch immer nicht bereinigt. Wir zeigen gegenüber den Reichen und Einflussreichen in der Gemeinde weiterhin Parteilichkeit und weigern uns, sie mit ihren Sünden zu konfrontieren. Wir haben uns noch immer nicht gedemütigt und den Trug und die Vortäuschung, die es in unserem Leben gibt, nicht bekannt. Unsere Zunge redet noch immer unkontrolliert. Man trifft uns selten im Allerheiligsten an. Unser Herz ist noch nicht an den Punkt gekommen, wo es sehnsüchtig danach verlangt, um jeden Preis heilige Männer und Frauen zu sein. Was für einen Wert haben unsere Gebete dann? Denn schließlich ist es nur das inbrünstige Gebet eines heiligen Menschen, das vor Gott viel vermag (Jak 5,16).
Möge der Herr unsere Herzen erforschen.
„Joschafat aber sprach: Ist kein Prophet des Herrn hier, damit wir den Herrn durch ihn befragen? Da antwortete einer unter den Männern des Königs von Israel und sprach: Hier ist Elisa, der Sohn Schafats, der Elia Wasser auf die Hände goss" (2Kön 3,11).
Elisa wird hier als derjenige beschrieben, der Wasser auf Elia zu gießen pflegte, um seine Hände zu waschen - oder anders ausgedrückt, jemand, der die Pflichten eines Dieners [Knechtes] ausführte.
Das wäre sicherlich keine schmeichelhafte Art und Weise, einen Propheten Gottes nach den Maßstäben des 20./21. Jahrhunderts vorzustellen. Viele heutige Prediger würden sich beleidigt fühlen, wenn sie auf diese Weise einem Publikum vorgestellt würden.
Elisa hatte noch viele andere Dinge getan außer für Menschen Wasser auszugießen, um ihre Hände zu waschen. Er hatte die Wasser des Jordans in zwei Teile geteilt, und er hatte auch eine Plage geheilt, die vom Wasser in Jericho verursacht wurde. Dies waren in der Tat erstaunliche Wunder. Doch wird er hier als ein Diener vorgestellt. Ich glaube auch nicht, dass er etwas gegen einen solchen Titel hatte. Sein Dienst als ein Diener Elias muss so unübersehbar gewesen sein, dass dies der Eindruck war, den andere von ihm in Erinnerung behielten. Daher bezeichnet der Diener des Königs Elisa hier als jemanden, der Wasser ausgoss.
Geschwister, das ist auch unsere Berufung - Diener anderer zu sein. Jesus selber war Einer, der Wasser ausgoss und die Füße seiner Jünger wusch. Er sagte: „Ich bin nicht gekommen, mich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen" (Mt 20,28). Er sagte zu denen, die auf Erden und im Himmel Führungspositionen begehrten, dass sein Reich anders als die irdischen Königreiche sein würde, und dass diejenigen, die in seinem Königreich die Ersten sein möchten, Diener anderer sein müssten.
Jeder Diener des Herrn muss daher ein Diener der Menschen sein, sonst verwirkt er die Ehre, ein Diener Gottes zu sein.
Es gibt zwei Dinge, an die ich denken kann, die dem Wesen eines Dieners entgegenstehen. Eines ist ein Wunsch, wohlbekannt und berühmt zu sein. Das andere ist, eine herrische Einstellung gegenüber anderen Menschen an den Tag zu legen. Bei unserem Herrn Jesus sehen wir das Gegenteil dieser beiden Einstellungen:
„Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an …" (Phil 2,7).
Betrachten wir diese beiden Dinge.
Der Wunsch nach Anerkennung
Wir mögen den Wunsch, in der Welt groß und anerkannt zu sein, losgeworden sein, aber wir mögen im Geheimen danach verlangen, in evangelikalen Kreisen wohlbekannt und anerkannt zu sein. Vielleicht ist es der Wunsch, als Erweckungsprediger oder herausragender Bibellehrer zu gelten. Oder es kann sein, dass wir möchten, dass andere wissen, dass Menschen durch unsere Predigt stets gesegnet werden. Oder vielleicht ist es der Wunsch, als Superintendent oder Direktor einer progressiven Glaubensgemeinschaft oder Missionsgesellschaft bekannt zu sein. Was immer es auch ist, jedes Verlangen dieser Art steht im Gegensatz zum Geist Christi. Und es ist oft der Fall, dass Gott daran gehindert wird, seine Fülle in uns und durch uns fließen zu lassen, weil solche fleischlichen Gelüste noch immer in unserem Herzen lauern.
Es ist in der Tat eine traurige Tatsache, dass es heute in christlichen Kreisen ein ungesundes Verlangen nach Popularität gibt. Und dies hat dem geringen Maß an Geistlichkeit, die wir besaßen, den Todesstoß versetzt. Diese Krankheit ist so weit verbreitet, dass wir alle von ihr unbewusst infiziert werden, wenn wir nicht ständig auf der Hut sind und gegen sie ankämpfen.
Christliche Leiter und Prediger unserer Zeit sind nicht länger wie Paulus der Abschaum und Kehricht der Welt (1Kor 4,13). Sie sind mehr wie Filmstars und VIPs. Über sie wird geschrieben, man fotografiert sie, man lobt sie in den Himmel und verherrlicht sie. Und was noch schlimmer ist, viele dieser Männer (die alles allein der Gnade Gottes verdanken) lieben es so sehr! Sie lieben es, in der Christenheit als Führer anerkannt zu sein. Es ist wahr, dass wir andere nicht daran hindern können, uns und unser Werk bekanntzumachen. Aber möge Gott uns von jedem geheimen Verlangen nach einer solchen allgemeinen Bekanntheit befreien. Mögen wir von jedem Begehren befreit werden, als irgendetwas anderes als Diener, als solche, die für andere Wasser ausgießen, bekannt zu sein.
Jesus selbst mied Popularität. Als die Menschen seiner Zeit ihn zum König machen wollten, entwich er vor ihnen und ging an einen Ort, um mit dem Vater allein zu sein. Er wollte keinen Beifall von Menschen. Er wollte auf dieser Erde kein VIP sein (Joh 6,15). Er, der hier auf Erden der vollkommene Ausdruck der Herrlichkeit des Vaters war, verbarg sich und mied irdischen Ruhm und irdische Ehre. Wie viel mehr sollten wir sterbliche Menschen dasselbe tun. Der wahre Diener Gottes wird hier den Fußstapfen des Meisters folgen.
Neben dem Verlangen nach Popularität stelle ich fest, dass es im heutigen Christentum auch eine Begierde nach Statistiken gibt. Wie die Kopfjäger von einst die Skalpelle zählten, so wurden viele heutige Evangelisten Sklaven des fleischlichen Verlangens, Köpfe und Hände und Entscheidungskarten zu zählen, und dann mit diesen Zahlen zu prahlen (wenngleich auf subtile Weise). Der Teufel sieht dieses Begehren und nutzt es aus, um uns vom rechten Weg abzubringen.
Ein Beispiel wird zeigen, was ich meine. In einem gewissen Teil Indiens wurden einmal Evangelisationsveranstaltungen abgehalten und ein bekannter Evangelist als Gastprediger eingeladen. Viele hoben ihre Hände und unterschrieben „Entscheidungskarten". Diese Statistiken wurden in vielen Teilen des Landes bekanntgemacht, sodass die Leute Gott für die „Erweckung", die ausgebrochen war, dankten. Ein Jahr später traf ich zufällig die Person, die für die Nachversorgung dieser „Bekehrten" verantwortlich war und ich fragte sie, wie sich die Dinge entwickelt hatten. Er sagte mir, dass es kaum eine Veränderung im allgemeinen Zustand der Gemeinden gab und dass all die Leute, die er besucht hatte, im genau demselben Zustand wie davor zu sein schienen. Es hatte während der Konferenzen ohne Zweifel ein emotionales Aufwühlen, aber keine dauerhafte Veränderung gegeben. Einige Leute hatten anscheinend ihre Hände erhoben, um den Prediger nicht zu enttäuschen, der von so weit her gekommen war, um zu ihnen zu sprechen! Andere hatten ihre Hände in der Hoffnung erhoben, dadurch später mit dem „berühmten" Prediger einen engeren Kontakt zu knüpfen, indem sie ihm sagten, dass sie bei seinen Veranstaltungen gerettet worden waren! Andere waren nach vorne gekommen, bloß um den Evangelisten aus der Nähe zu sehen! Das war die Insider-Geschichte dieser wunderbaren „Erweckung", und das ist Tatsache, keine Dichtung.
Geschwister, das ist ein perfektes Beispiel dessen, was ich „scheinbaren Erfolg" nennen würde. Der Teufel benutzte diese Veranstaltung, um viele zu täuschen. Kaum jemand war gerettet worden, kaum jemand war heiliger geworden, und doch hatten sich der Evangelist und das Organisationskomitee über einen „wunderbaren Durchbruch für Gott" in dieser Region gefreut! Wenn bei dieser Veranstaltungsreihe niemand die Hände erhoben oder Entscheidungskarten unterschrieben hätte, hätten sich der Prediger und das Organisationskomitee vielleicht so gedemütigt gefühlt, dass sie Gottes Angesicht unter Gebet und Fasten gesucht hätten - dann wäre etwas wirklich geistlich Wertvolles erreicht worden. Aber der Teufel hat dies wirksam verhindert, indem er alle mit scheinbarem Erfolg zufrieden sein ließ. Er brachte alle dazu, zu glauben, dass Hunderte von Seelen aus seiner Gewalt befreit wurden, obwohl das in Wirklichkeit gar nicht der Fall war.
Der Teufel täuscht auch viele mit scheinbaren Erweckungen unter Gläubigen. Leute kommen nach vorne zum Altar und weinen und schreien, ohne aber ihren Willen und ihr Leben Gott auszuliefern. Andere kommen zum Prediger und sagen ihm, was für ein Segen seine Botschaften für sie waren. Der Prediger geht dann insgeheim erfreut weg, in der Meinung, dass auch er ein „Erweckungsprediger" wie Wesley oder Finney ist! Er teilt die Nachricht über die „Erweckung" mit anderen unter dem Vorwand, dass sie Gott dafür danken mögen, wenn er in Wirklichkeit nur daran interessiert ist, andere wissen zu lassen, wie Gott ihn gebraucht hat. Geht er mit Gott allein an einen geheimen Ort und fordert er die Befreiung für die Seelen, denen er gepredigt hat? Nein, er glaubt, dass sie bereits befreit sind. Daher vernachlässigt er das Gebet, nachdem die Veranstaltungen vorbei sind. Er ist zu beschäftigt damit, die „Erweckung" bekanntzumachen.
Auf diese Weise werden viele christliche Arbeiter heute vom Feind getäuscht - nicht weil sie in ihren Doktrinen liberal sind, sondern weil sie Werbung und Statistiken lieben. Der Teufel ist in solchen Situationen erfolgreich, weil er das Verlangen nach Ruhm und Bekanntheit im Herzen der Prediger und auch der Mitglieder des Organisationskomitees sieht. Er weiß, dass die Evangelisten scharf darauf sind, ihren Ruf als große Seelengewinner vor anderen aufrechtzuerhalten und die Mitglieder des Organisationskomitees begierig darauf sind, die Leute wissen zu lassen, dass ihre Arbeit viel Frucht gebracht hat. Auf diese Weise erreicht er seine teuflischen Ziele.
Das vorhin Gesagte trifft gleichermaßen auch auf Missionsgesellschaften und Glaubensgemeinschaften zu, die sich ebenfalls mit Statistiken rühmen.
Es wäre gut, wenn wir uns in solchen Angelegenheiten unserer Fleischlichkeit stärker bewusst wären, so wie es bei David der Fall war, als er einmal das Volk zählte und sich der Zahlen rühmte (2Sam 24). Möge der Herr uns Weisheit geben, alles, was bloß oberflächlich ist, zu durchschauen. Möge er uns vom Geist der Werbewelt befreien, denn dies bedeutet für ein Werk Gottes stets Unheil. Wenn wir nicht frei von solchen fleischlichen Begierden und Lüsten sind, werden wir feststellen, dass der Teufel Erfolg damit hat, uns auf die eine oder andere Weise zu täuschen.
Eine der schwierigsten Aufgaben meines Lebens bestand darin, ein öffentliches Zeugnis zu geben. Ich finde es schwieriger, in der Öffentlichkeit ein Zeugnis zu geben als eine Predigt zu halten. Denn es ist schwierig zu vermeiden, wenn man ein Zeugnis über das eigene Leben oder über die eigene Arbeit gibt, einen Teil des Ruhmes für sich zu beanspruchen.
Ich bin mir sicher, dass niemand von uns es wagen würde, den ganzen oder einen größeren Teil des Ruhmes und der Anerkennung für uns selber zu beanspruchen. Vielleicht reklamieren wir nur fünf oder zehn Prozent. Gewiss glauben wir, dass das nicht zu viel Provision für all die Arbeit ist, die wir investiert haben!
Sollte es uns dann überraschen, wenn sich die Herrlichkeit Gottes entfernt und über so viele unserer Gemeinden „Ikabod" [„die Herrlichkeit ist hinweg aus Israel!"] geschrieben werden muss?
Wir müssen große Angst davor haben, Gottes Herrlichkeit anzutasten. Unser Gott ist ein eifersüchtiger Gott und er wird seine Herrlichkeit keinem anderen geben - nicht einmal einen kleinen Prozentsatz davon (Jes 42,8).
Paulus wurde einmal in den dritten Himmel entrückt, aber er schwieg 14 Jahre lang darüber und erwähnte es erst als er aufgefordert wurde, sein Apostelamt zu verteidigen - und sogar dann erwähnte er keine Details (2Kor 12,2).
Derjenige, der die Herrlichkeit Gottes gesehen hat, wird sein eigenes Angesicht stets verhüllen so wie es Mose beim brennenden Busch tat und wie es die Serafim vor Gottes Thron tun (2Mo 3,6; Jes 6,2). Er wird kein Verlangen haben, von Menschen gesehen zu werden oder bekannt zu sein. Nachdem er Gott in all seiner Herrlichkeit gesehen hat, wird er sich davor fürchten, diese Herrlichkeit anzutasten. Er verbirgt sein Angesicht ständig. Er wird nicht über sich selber oder über sein Werk sprechen, außer dort, wo es absolut notwendig ist; und wenn er es tut, wird es in einem gedämpften Ton sein, damit ihm nicht die Anerkennung zufällt. Er wird das fleischliche Verlangen meiden, über seine Hingabe an Gott und über die wunderbaren Erfahrungen, die er hatte und über die kostspieligen Opfer, die er gebracht hat (die oft im Gewande eines Zeugnisses daherkommen), zu sprechen - weder in einer öffentlichen Veranstaltung noch in einer christlichen Zeitschrift.
Eine weitere Krankheit, die ich in der Christenheit gefunden habe ist das ungesunde Begehren nach Führungspositionen. Als ich in der Marine war, erlebte ich einige, die sich nichts daraus machten, auf die Schultern anderer zu klettern und auf Leute unter ihnen zu trampeln, wenn sie bloß an die Spitze kommen konnten. Ich glaubte, ich hätte dies zum allerletzten Mal sehen müssen, als ich das Militär verließ. Aber ich war sowohl überrascht als auch betrübt, als ich mich in unserem Land in christlichen Kreisen bewegte, genau dasselbe auch unter evangelikalen Christen vorzufinden - ein Begehren nach Positionen und die lautstarke Forderung danach. Ich fand Christen, die Pläne ausheckten und Wahlkämpfe machten, um Superintendenten, Älteste und Schatzmeister zu sein, und um in Vorstände von christlichen Organisationen zu kommen.
All das ist dem Geist Jesu entgegengesetzt. Der Mensch, der die Herrlichkeit Gottes gesehen hat, schließt sich nicht dem Konkurrenzkampf, um Ruhm zu erlangen, an - weder in der Welt noch in evangelikalen Kreisen. Er ist zu beschäftigt, dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus nachzujagen. Er hat nur den Wunsch, Wasser für andere zu schöpfen, den Boden zu fegen und Gott hier auf Erden zu verherrlichen.
Erinnern wir uns daran, dass Größe in den Augen der Menschen nicht immer Größe in Gottes Augen bedeutet. Dr. A. W. Tozer sagte einmal, nachdem er 30 Jahre lang die religiöse Szene beobachtet hatte, dass er zur Schlussfolgerung gezwungen wurde, dass Heiligkeit und Führungsposition in der Kirche oft nicht deckungsgleich sind. Das gilt auch für Indien. Jene, die auf den großen Kanzeln unseres Landes stehen und hohe Positionen in christlichen Kreisen innehaben, sind oft nicht Gottes größte Heilige. Gottes edelsten Juwelen findet man gewöhnlich unter den Armen und Unbekannten in unseren Gemeinden.
Gott gebe es, dass das Verlangen unseres Herzen darin besteht, in seinen Augen groß zu sein, so wie es Johannes der Täufer war (Lk 1,15). Es gab einen Grund, warum Johannes in Gottes Augen groß war. Johannes' Leidenschaft bestand, wie er es selber ausdrückte, darin, dass Christus wachsen und er selber abnehmen möge (Joh 3,30). Er war ständig bestrebt, in den Hintergrund zu treten, damit Jesus im Vordergrund sein konnte.
Gottes Herz ist darauf gerichtet, dass Jesus in allen Dingen der Erste sein möge (Kol 1,18). Wenn unser Herz auch auf dieses Ziel ausgerichtet ist, dass wir selber in den Hintergrund treten und dass Christus allein erhöht werden sollte, dann werden wir gewiss ständig Gottes Kraft und Autorität hinter uns haben.
Wenn wir andere selbstsüchtige Ziele und Motive haben, die anderen vielleicht nicht bekannt sind, kann uns Gott in aller Treue gegenüber seinem heiligen Namen seine Kraft nicht anvertrauen.
Geschwister, nur durch Männer und Frauen, die den Geist Johannes des Täufers haben, ist Gott in der Lage, seine wahre Kirche zu bauen. Es gibt eine wahre Kirche und es gibt eine falsche Kirche - ein Jerusalem und ein Babylon - wie das Buch der Offenbarung mehr als deutlich macht. Jerusalem kann nur von denen gebaut werden, die sich selber zurückhalten und die den Geist eines Dieners haben, aber Babylon kann von jedem gebaut werden. Jerusalem wird in alle Ewigkeit bestehen bleiben, aber Babylon wird sehr bald zerstört werden (Offb 18,21).
Du erinnerst dich, wie der Turm zu Babel (der Anfang von Babylon) entstand. Menschen kamen zusammen und sprachen: „Wir wollen uns einen Namen machen" (1Mo 11,4). Der König von Babylon sprach Jahre später auf dieselbe Art und Weise: „Ist das nicht das große Babylon, das ich erbaut habe durch meine große Macht zu Ehren meiner Herrlichkeit" (Dan 4,27)?
Jeder Christ, der denselben Wunsch hat, sich selber einen Namen zu machen und sich in den Augen der Menschen zu erhöhen, besitzt den Geist Babylons, und was er durch seine Arbeiten baut, kann niemals ewig bestehen bleiben. Und Geschwister, diesen Geist findet man leider auf den höchsten Ebenen des evangelikalen Christentums.
Das war der Geist, den Luzifer hatte. Er war mit der Position, die Gott ihm gegeben hatte, nicht zufrieden. Er wollte höher hinaus und verlor dadurch seine Salbung. Er war einst der gesalbte Cherub, aber er endete als der Teufel. Und er ist nicht der Einzige, der seine Salbung auf diese Weise verloren hat.
Der Geist Christi ist all dem völlig entgegensetzt. Obwohl er [Jesus] Gott war, demütigte er sich selbst und erniedrigte sich um unseretwillen. Die Bibel sagt: „Ein jeder sei so gesinnt …" (Phil 2,5-8).
Möge Gott aus unserem Herzen jedes Verlangen, bekannt und von Menschen anerkannt zu werden, mit der Wurzel ausreißen. Gehen wir nicht herum und versuchen wir nicht Kontakte zu knüpfen, um unseren Einfluss auszuweiten und uns selber in evangelikalen Kreisen bekannter zu machen. Streben wir nicht danach, als „geistliche Wunderkinder aus dem heidnischen Indien" in fremde Länder eingeladen zu werden.
Wenn wir so wie Jesus sein wollen, werden wir unsere Zeit mit dem normalen Volk, mit gewöhnlichen Männern und Frauen, verbringen, so wie es Jesus tat und nicht herumgehen und danach trachten, die ganze Zeit nur die Freundschaft mit evangelikalen Leitern zu pflegen. Die Bibel sagt: „Versucht nicht, groß aufzutreten. Versucht nicht in die Gunst wichtiger Personen zu kommen, sondern erfreut euch an der Gesellschaft mit gewöhnlichen Leuten" (Röm 12,16; Living Bible).
Möge Gott uns demütig halten. Der sicherste Ort, an dem man sich befinden kann, ist am Fuße des Kreuzes.
Eine herrische Einstellung
Unser Herr war ein Diener, aber leider sind christliche Leiter und Missionare heute oft Herren - Bosse und „Sahibs" [Meister, Herren]. Wir mögen vielleicht nicht verhindern können, dass andere uns „Sahibs" nennen, aber die Frage ist, ob wir in unserem Herzen das Verlangen haben, Sahibs zu sein.
Wir müssen die Lektion neu lernen, die Jesus seinen Jüngern so geduldig beizubringen versuchte. Nachdem er ihnen ihre Füße gewaschen hatte, sagte er zu ihnen: „In dieser Welt kommandieren die Könige und großen Leute ihre Diener herum … aber unter euch wird derjenige, der euch am meisten dient, euer Führer sein. Draußen in der Welt sitzt der Herr am Tisch und wird von seinen Knechten bedient. Aber unter euch soll es nicht so sein! Denn ich bin euer Diener" (Lk 22,25-27; Living Bible). Wie sehr sollten uns diese Worte unserer herrischen Einstellung gegenüber denen, die unter uns sind, überführen! Wie sollten wir vom Beispiel unseres Herrn gedemütigt sein. Möge der Herr uns von allen falschen weltlichen Vorstellungen von Eigenwürde, Erhabenheit und Überlegenheit einer ethnischen Gruppe befreien, die wir noch haben mögen. Möge er uns erneut lehren, dass das wahre Kennzeichen von Größe im Reich Gottes darin besteht, ein Diener zu sein, einer, der Wasser ausgießt, so wie Jesus es tat.
Möge Gott uns helfen, den niedrigen Platz nicht nur jetzt einzunehmen, sondern bis zum Ende unseres Lebens. Trachten wir niemals nach Ehre, Respekt und Gehorsam von unseren Geschwistern, nicht einmal wenn wir meinen, dass wir dienstältere Arbeiter im Weinberg des Herrn sind. Mögen wir in unserer Einstellung gegenüber anderen stets erkennen, dass sie die Herren und wir die Diener sind - sogar wenn unsere offizielle Position in der Verwaltungsstruktur unserer Kirche höher als ihre ist, und sogar wenn wir älter sind und mehr Erfahrung haben mögen. Je höher wir aufsteigen, desto mehr wird es zu unserer Verantwortung, anderen zu dienen.
2. Korinther 4,5 ist in diesem Zusammenhang ein sehr herausfordernder Vers. Paulus sagt dort (frei übersetzt): „ Wir verkündigen zwei Dinge: Mit unseren Lippen verkündigen wir Christus als Herrn. Durch unser Leben verkündigen wir, dass wir eure Knechte um Jesu willen sind."
Geschwister, das ist unsere zweifache Botschaft; und was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Das ist das volle Evangelium. Mögen wir niemals schuldig sein, nur die Hälfte davon zu predigen, denn nur wenn diese Botschaft in seiner Gesamtheit verkündet wird, werden die Heiden zu sehen beginnen, dass Christus in uns geheiligt wird. Weil es daran mangelt, wird heute ein so großer Teil des Werkes des Herrn in unserem Lande behindert.
Wenn wir Knechte sein wollen, müssen wir wirklich demütig werden. Wir sollten eine herablassende Haltung nicht mit Demut verwechseln. Es ist leicht eine herablassende Haltung an den Tag zu legen. Sogar selbstsüchtige Politiker können das. Wir können in unserem Herzen eine eingebildete Meinung über uns selbst haben, dass wir bedeutende Leute sind und uns dann herablassen, Gemeinschaft mit unbedeutenden Leuten zu pflegen und das mit Demut verwechseln. Nein, das ist überhaupt keine Demut.
Echte Demut schließt ein, dass ich erkenne, dass es in Gottes Augen überhaupt keinen Unterschied zwischen mir und irgendjemand anderem gibt. All die natürlichen Unterscheidungen, die zwischen mir und anderen existieren, werden von Umständen und Umweltfaktoren usw. verursacht und wurden alle durch das Kreuz ausgelöscht. Das Kreuz Jesu reduziert uns alle auf null. Wenn das in meinem Leben noch nicht passiert ist, deutet das nur darauf hin, dass ich noch nicht begonnen habe, andere höher zu achten als mich selbst, wie uns Philipper 2,3 befiehlt. Nachdem wir einmal auf null reduziert worden sind, wird es für uns einfach, den niedrigen Platz bereitwillig und freudig einzunehmen. Und es wird dann für Gott einfach, seinen vollen Zweck durch uns zu erreichen.
Solange Mose (im Alter von 40 Jahren) glaubte, dass er der Führer von Gottes Volk sein sollte, konnte Gott ihn nicht gebrauchen (Apg 7,25). Gott musste ihn für weitere 40 Jahre in die Wüste bringen und ihn zerbrechen. Schließlich kam Mose an den Punkt, wo er sagte: „Herr, ich bin nicht der Mann für diese Aufgabe. Ich tauge dafür nicht. Ich kann nicht einmal reden" (und er meinte es wirklich; es war nicht bloß falsche Demut, wie es oft bei manchen Leuten vorkommt, die ähnliche Dinge sagen!). Erst dann konnte Gott ihn benutzen, denn Mose war jetzt an sein eigenes Ende gekommen. Im Alter von 40 Jahren war alles, was Mose aus eigener Kraft tun konnte, einen Ägypter im Sand zu verscharren. Nachdem Gott ihn gebrochen hatte, begrub er die ganze ägyptische Armee im Roten Meer. Das ist das Ergebnis von Gebrochenheit.
Es ist nicht genug, dass der Herr die fünf Brotlaibe nimmt und sie segnet. Sie müssen gebrochen werden, bevor die Volksmenge gespeist werden kann. Das ist ein Prozess, der in unserem Leben ständig wiederholt werden muss. Gott nimmt uns, segnet uns, bricht uns und gebraucht uns. Dann haben wir die Tendenz, uns zu erheben, weil wir gebraucht wurden, um so viele mit Speise zu versorgen. Daher muss er uns nehmen und erneut brechen. Dieser Prozess setzt sich das ganze Leben lang fort.
Wie sehr müssen wir diese Gebrochenheit begehren. Welche Kraft wird freigesetzt, wenn ein kleines Atom gespalten wird! Welche Kraft könnte in unserem Land freigesetzt werden, wenn die Leiter in unseren Kirchen und ihre Gemeinden von Gott gebrochen würden.
Das Unterscheidungsmerkmal
In diesen Tagen der Fälschung, wo das Falsche dem Wahren so sehr ähnelt, habe ich mich oft gefragt, was das eine unverkennbare Unterscheidungsmerkmal eines wahren Dieners Gottes ist.
Ist es die Vollmacht, Wunder zu tun? Nein. Auch Dämonen können Wunder tun. Ist es die Fähigkeit, in Zungen zu reden? Nein. Auch Dämonen können das nachahmen. Es ist in erster Linie keines dieser Dinge.
Ich bin zum Schluss gekommen, dass es der Geist des Kreuzes ist, der den wahren Nachfolger Jesu auszeichnet. Der wahre Diener des Herrn ist jemand, der in seinem Leben das Kreuz akzeptiert hat - ein Kreuz, das sein Selbstwertgefühl, sein Selbstvertrauen, seine Selbstzentriertheit und alles andere von ihm getötet und ihn auf ein Nichts reduziert hat. Das ist das einzige klare Kennzeichen, wodurch wir den, der wirklich dem Herrn dient von dem, der sich selber dient, unterscheiden können. Andere Beweise können trügerisch sein.
Wir reproduzieren unsere eigene Art
Fühlen wir uns von lästigen Menschen, von hochnäsigen Ältesten und dominanten Diakonen in unseren heutigen Gemeinden genervt? Könnte es nicht sein, dass wir die Frucht dessen ernten, was wir über die Jahre gesät haben, und dass wir uns exakt nach unserer Art vermehren? Die Hochnäsigkeit und der Stolz, den wir in unserem Herzen hatten (und immer noch haben) wird nun im Leben unserer geistlichen Nachkommen sichtbar. Das sollte uns nicht überraschen, nicht wahr?
Und daher, wenn wir inbrünstig zu Gott schreien, „Herr, schicke uns eine Erweckung", ist Gottes Wort an uns: „Wenn mein Volk, über das mein Name genannt ist, sich demütigt, dass sie beten … so will ich vom Himmel her hören … und ihr Land heilen" (2Chr 7,14). O, wie sehr braucht unser Land Heilung. Sagen wir nicht, dass Gott die Erweckung hinauszögert. Das Hindernis liegt bei uns, Geschwister.
Möge Gott uns unter denen antreffen, die bereit sind, Diener und Wasserschöpfer zu sein.
„Elisa hob den Mantel auf, der Elia entfallen war, und kehrte um und trat wieder an das Ufer des Jordans. Und er nahm den Mantel, der Elia entfallen war, und schlug ins Wasser und sprach: Wo ist nun der Herr, der Gott Elias?, und schlug ins Wasser. Da teilte es sich nach beiden Seiten, und Elisa ging hindurch. Und als das die Prophetenjünger sahen, die gegenüber bei Jericho waren, sprachen sie: Der Geist Elias ruht auf Elisa" (2Kön 2,13-15).
Diese Prophetenjünger waren keine leichtgläubigen Leute. Sie waren Studenten der Heiligen Schrift und kannten ihre Bibel sehr gut, und daher wussten sie, was es bedeutet, gesalbt zu sein. Sie erkannten, dass Elisa tatsächlich ein solcher Mann war - einer, auf dem der Geist des Herrn ruhte.
Die Anerkennung dieser Tatsache ergab sich nicht daraus, einer bewegenden Predigt zuzuhören, die Elisa gegeben oder von irgendeinem spektakulären Zeugnis, das er über seine Erfahrungen gegeben hatte. Nein, als sie die Kraft sahen, die in seinem Leben gegenwärtig war, als sie ihn den Jordan teilen sahen, so wie es Elia getan hatte, kamen sie zum Schluss, dass er in der Tat gesalbt war.
Die Salbung des Heiligen Geistes ist absolut notwendig, wenn wir den ganzen Willen Gottes in unserem Dienst für ihn vollbringen wollen. Es ist nicht genug, dass der Geist Gottes uns innewohnt. Wir müssen wissen, dass er mit seiner Kraft auf uns ruht. Sogar Jesus selbst musste gesalbt werden, bevor er hinausgehen und seinen irdischen Dienst erfüllen konnte (Mt 3,16; Apg 10,38).
Wenn unser Werk für den Herrn nur weitergeht, weil wir es geschafft haben, die richtigen Kontakte in Amerika zu knüpfen und daher genügend Geld haben, um hinauszugehen und das Evangelium zu verkündigen und unsere angestellten Evangelisten zu bezahlen, dann verschwenden wir unsere Zeit. In der Tat, wenn es eine irdische Erklärung für unseren Dienst gibt, dann könnten wir unser christliches Werk auch zumachen und uns in irgendeiner weltlichen Arbeit engagieren, denn unsere Mühen können für das Reich Gottes nichts bewirken. Unser Dienst sollte einen solchen Charakter haben, dass es keine Erklärung für dessen Weiterführung gibt, außer durch die Kraft des Heiligen Geistes. Das ist die einzige Art von Dienst, der für Gott annehmbar ist.
Es gibt unter heutigen Gläubigen eine Menge Verwirrung über den wirklichen Beweis für die Salbung im Heiligen Geist. Aber es ist von dieser Begebenheit in Elisas Leben klar, dass der unverkennbare Beweis für die Salbung die Ausrüstung mit Kraft ist. Andere Beweise können uns in die Irre führen, nicht aber dieser.
Wir sollten Redegewandtheit, emotionalen Überschwang, Begeisterung oder Lärm nicht als Beweise für die Salbung verwechseln. Nein, es ist keines von diesen, sondern allein Kraft. Es ist die Kraft, die Jesus selber empfing, als er gesalbt wurde (Apg 10,38). Und es war Kraft, die seine Jünger gemäß den Worten Jesu empfangen würden, wenn sie gesalbt werden: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird" (Apg 1,8). Es könnte nicht klarer als das sein, nicht wahr? Keine Zungen, kein Überschwang, sondern Kraft.
Als Paulus den Christen in Korinth schrieb, die das Sprechen in Zungen mit der Kraft des Heiligen Geistes verwechselten, sagte er: „Wenn ich in eure Mitte komme, werde ich nicht auf eure Zeugnisse und eure Botschaften hören (ob in einer bekannten oder unbekannten Sprache), sondern ich werde sehen, ob es eine wirkliche Kraft in eurem Leben gibt. Denn die Autorität Gottes (des Heiligen Geistes) wird in Kraft und nicht bloß in Worten offenbar" (1Kor 4,19-20; frei übersetzt).
Und daher sollten wir uns, liebe Geschwister, niemals mit der bloßen Tatsache zufrieden geben, dass wir gut reden können oder dass wir ein wunderbares Zeugnis zu erzählen haben. Die Frage, die wir uns selber stellen sollen, lautet: Haben wir geistliche Kraft oder nicht? Auch gut vorbereitete Predigten sind kein Ersatz für die Salbung, noch sind eine dynamische Persönlichkeit oder ein spektakuläres Zeugnis ein Ersatz für geistliche Kraft.
In einer Zeit wissenschaftlichen Fortschritts wird es immer leichter, sich auf elektronische Geräte, Maschinen und verschiedene Arten von audiovisuellen Hilfsmitteln statt auf den Heiligen Geist zu verlassen. Wo die wissenschaftlichen Erfindungen für die Verbreitung des Evangeliums benutzt werden können, können wir sie sicherlich benutzen. Aber wir müssen uns in Acht nehmen, damit sich unsere Abhängigkeit nicht unbewusst und schrittweise vom Heiligen Geist auf diese materiellen Dinge verlagert.
Es ist ziemlich leicht herauszufinden, wo unsere Abhängigkeit wirklich liegt. Wenn wir uns auf den Heiligen Geist verlassen, dann sollen wir immer wieder im Gebet vor Gott kommen und unsere äußerste Hilflosigkeit ohne ihn anerkennen. Tun wir das? Ich stellte nicht die Frage, ob wir durch einen Prozess gehen, den wir „Gebet" nennen, um unser Gewissen zu beruhigen. Was ich meine ist dies: Werfen wir uns vor Gott nieder und suchen wir ernsthaft sein Angesicht (wenn nötig unter Fasten), bis wir sicher sind, dass sein Geist tatsächlich mit Kraft für den Dienst, zu dem er uns berufen hat, auf uns ruht? Und das ist keine einmalige Erfahrung!
Wenn wir nicht von Geräten und Maschinen abhängig sind, dann können wir eventuell von Geld abhängig sein. Mir wurde gesagt, dass es in einer gewissen evangelikalen Gruppe in unserem Land unter den Mitarbeitern einen Konkurrenzkampf gibt, wer die meisten Spenden für die Gruppe generieren kann. Wenn eine christliche Organisation auf diese Ebene sinkt, wird offensichtlich, was sie in ihrer Arbeit als die wesentlichsten Dinge ansieht. Es offenbart, worauf ihre Abhängigkeit wirklich beruht. Geld ist das wirklich Wichtige, daher betteln und bitten sie Menschen in öffentlichen Versammlungen um Geld, bevor sie ihnen das Evangelium verkündigen. Was für eine Schande! Kann sich jemand vorstellen, dass Jesus so etwas tun würde? Und doch behaupten sie, dass sie ihn repräsentieren.
Wenn solche Leute gerade die Hälfte der Zeit, die sie dafür aufwenden, um Geld zu betteln, dafür verwendeten, Gott inbrünstig um die Kraft des Heiligen Geistes zu bitten, würde durch ihre Arbeit unendlich viel mehr erreicht.
Ich möchte eine Frage nahelegen, die wir uns selber stellen können, um zu prüfen, ob wir von Geld oder von der Salbung des Heiligen Geistes abhängig sind. Wären wir in gleichem Maße beunruhigt, wenn Gott die Salbung von unserem Leben wegnähme, wie wir beunruhigt wären, wenn unsere Spender ihre finanzielle Unterstützung einstellten?
Ach, wir sind oft eifriger, nachzuprüfen, ob wir unser volles Monatsgehalt erhalten haben, als nachzuprüfen, ob die Salbung Gottes auf uns ruht oder nicht. Warum ist das so? Weil wir glauben, dass christliche Arbeit auch ohne die Salbung des Geistes, aber nicht ohne Geld, weitergeführt werden kann. Ob wir das sagen oder nicht, unsere Taten verraten unsere innersten Gedanken.
Wenn wir uns mit der Frühkirche vergleichen, was sehen wir dann? Sie hatten keine elektronischen Geräte für die Verkündigung des Evangeliums, sie hatten keinen reichen Geschäftsmann, der sie finanziell unterstützte und sie hatten in gesellschaftlichen Kreisen keine Anerkennung. Aber sie erreichten Großes für Gott, weil sie Eines hatten, was unverzichtbar war, ohne das alles andere wertlos war. Sie hatten die Salbung des Heiligen Geistes. Daher hatten sie Erfolg, wohingegen wir so oft versagen.
Die Salbung des Heiligen Geistes ist die dringlichste Notwendigkeit der christlichen Kirche und der heutigen christlichen Leiter. Und ich beziehe mich hier auf die echte Salbung, die Kraft bringt - nicht auf die billige Fälschung, mit der sich viele heute brüsten und mit der sie zufrieden sind.
Gottes Werk - sein wahres Werk - wird immer noch, so wie in früheren Zeiten, nicht durch elektronische Kraft oder durch wirtschaftliche Macht, sondern durch die Kraft des Heiligen Geistes getan (Sach 4,6).
Unterscheidungsvermögen
Ich habe bereits einige der subtilen Wege aufgezeigt, auf die Satan versucht, in dieser Zeit christliche Arbeiter zu täuschen. Seine Verführungen scheinen zuzunehmen, während sich die Rückkehr unseres Herrn nähert. In einer solchen Zeit ist es unbedingt notwendig, dass wir - besonders jene, die in der christlichen Kirche Leitungspositionen innehaben - die Gabe der Unterscheidung haben, um unterscheiden zu können, was von Gott ist und was nicht, das Wahre vom Falschen unterscheiden zu können und auch zu erkennen, was Gottes höchster Zweck für seine Kirche in der heutigen Zeit ist.
Aber Unterscheidungsvermögen und geistliche Vision erhalten wir nur durch die Salbung des Heiligen Geistes. Sie resultieren nicht aus menschlicher Klugheit oder Intelligenz oder sogar aus einer Seminarausbildung. Es hat dem Vater gefallen, diese Dinge vor den Weisen und Klugen zu verbergen und sie Unmündigen zu offenbaren - denen, die sich hilflos auf ihn verlassen, indem sie anerkennen: „Herr, auch wenn wir in vielen Dingen klug sind, sind wir dumm, wenn es um geistliche Angelegenheiten geht."
Jeremia hatte zu seiner Zeit das Unterscheidungsvermögen, die oberflächliche Erweckung, die während der Herrschaft von König Josia in Juda stattfand, zu durchschauen und prophezeite, dass Gott sein Volk nach Babylon senden würde. Auch Hesekiel war in der Lage, die wahren Gründe zu sehen, warum Gott sein Volk in die babylonische Gefangenschaft schicken musste. Der Grund, warum diese Männer in der Lage waren, zu durchschauen, was andere professionelle Prediger ihrer Zeit nicht sehen konnten, war einfach folgender: Auf Jeremia und Hesekiel ruhte die Salbung Gottes.
Mit sehr wenigen Ausnahmen sind die Zustände in den meisten heutigen Kirchen genau dieselben, wie die Zustände inmitten von Gottes Volk zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft. In einer solchen Zeit brauchen wir Männer mit geistlicher Vision; und wenn es den Leitern von Gottes Volk in dieser kritischen Stunde an geistlicher Vision mangelt, wird das Volk sicherlich zugrunde gehen (Spr 29,18).
Wie dringend benötigen wir die Salbung des Heiligen Geistes! Es ist in der Tat die größte Notwendigkeit für unser Werk im heutigen Weinberg des Herrn.
Der Name Jesu
Elisa, so lesen wir, schlug die Wasser des Jordans mit dem Mantel Elias. Wenn wir Elia hier als einen Typ für Christus sehen, der in den Himmel aufgenommen, und Elisa als einen Typ für die Kirche, die hier auf Erden zurückgelassen wurde, um sein Werk fortzuführen, dann muss der Mantel des Elia ein Bild für den Namen des Herrn Jesus Christus sein, den er seiner Kirche überlassen hat. Jesus hat uns die Vollmacht gegeben, seinen Namen zu gebrauchen, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen, genauso wie Elisa den Mantel benutzt hat, um einen Weg durch den Jordan zu bahnen.
Es geht jedoch nicht einfach darum, den Namen zu wiederholen, als ob darin eine Art magischer Zauber läge. Viele benutzen seinen Namen auf diese Weise, aber nichts passiert. Es gibt keine Manifestation von Kraft und keine Beseitigung der Berge, die den Weg blockieren.
Gehasi nahm einmal den Stab Elisas und legte ihn gemäß den Anweisungen Elisas auf ein totes Kind. Er hätte zu dieser Zeit auch in einer autoritativen Weise ausrufen können: „Im Namen des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs, steh auf von den Toten." Aber nichts passierte.
Gott hört nicht einfach auf die Worte, die ein Mensch sagt. Er schaut auf sein Herz. Die Macht der Worte hängt von der Art von Mensch ab, der sie benutzt. Gott wusste, dass das Herz Gehasis nicht auf die Herrlichkeit Gottes ausgerichtet war, sondern auf die Welt und auf persönlichen Gewinn.
Elisas Herz war anders. Er suchte allein Gottes Herrlichkeit und daher konnte Gott ihm seine Autorität anvertrauen. Wenn Elisa daher betete, erwachte das tote Kind sofort. Als er die Wasser des Jordans mit dem Mantel schlug, teilten sie sich nach beiden Seiten.
Ich habe Leute getroffen, die den Namen Jesu benutzten und ihn ständig wiederholten (manchmal in hohen, schrillen Tönen), aber nichts passierte. Sie erinnerten mich an die Propheten Baals, die am Berge Karmel schrien und kreischten. Das Reich Gottes offenbart sich nicht in bloßen Worten (egal wie laut und gebieterisch es gesprochen wird), sondern mit Kraft. Wäre Elisa kein gesalbter Mann gewesen, hätte er mit dem Mantel so fest wie möglich aufs Wasser schlagen können, aber nichts wäre passiert. Es wäre bloß eine Verschwendung von Zeit und Energie gewesen! Die Salbung des Geistes ist in der Tat unentbehrlich, wenn wir den Namen Jesu mit wirklicher Kraft gebrauchen wollen.
In Apostelgeschichte 3 sehen wir, wie Petrus den Namen Jesu benutzte; und Gottes Kraft wurde offenbar. Der Lahme begann zu gehen. Es war ein so augenscheinliches Wunder, das niemand herumgehen und den Menschen die medizinischen Berichte zeigen musste, um sie zu überzeugen, dass er geheilt worden war. In Bezug auf dieses Wunder gab es nichts Ungewisses oder Zweifelhaftes. Niemand hatte Zweifel, ob tatsächlich ein Wunder geschehen war oder nicht - wie es so oft bei „Wundern" der Fall ist, die von heutigen Wunderheilern gewirkt werden!
Es zieht sich durch die ganze Apostelgeschichte, wie die Jünger den Namen Jesu immer wieder benutzten, um jedes Hindernis zu entfernen, das sich der Erfüllung von Gottes Zweck in den Weg stellte. Sie hatten wirklich die Salbung. Und das ist der Grund, warum die Apostelgeschichte mit den Worten „ungehindert" endet. Die Pforten der Hölle konnten gegen eine so starke Kirche nicht bestehen.
Auferstehungskraft
Elisas Teilen des Jordans ist ein Bild eines Dienstes des Lebens, das den geistlichen Tod besiegt und überwindet. Die Wasser des Jordans symbolisieren in der Bibel den Tod. Und das Teilen der Wasser ist daher ein Symbol des Triumphes über den Tod.
Ab diesem Zeitpunkt im Dienste Elisas sehen wir, dass er wiederholt damit befasst ist, Leben aus dem Tod hervorzubringen. In Jericho verlieh er einem unfruchtbaren Land Leben. In Schunem brachte er Leben in den unfruchtbaren Schoß einer Frau. Später brachte er Leben in ein totes Kind. Einmal brachte er Leben in einen Topf voller giftiger Speise. Er verlieh auch einem sterbenden Leib eines aussätzigen Feldhauptmanns Leben.
Elisas Kraft schwand niemals. Sogar nachdem er tot und begraben und sein Körper verwest war, wurde ein toter Mann zum Leben erweckt, als der Leichnam in sein Grab geworfen wurde! Das war Elisas Dienst - wohin er auch ging, brachte er Leben aus dem Tod hervor. Das war ein direktes Resultat seiner Salbung.
Das ist die Art von Kraft, welche die Salbung des Heiligen Geistes mit sich bringt - Kraft, Leben aus dem Tod hervorzubringen - Auferstehungskraft. Das allein ist ein unverkennbarer Beweis der Salbung. Im Neuen Testament lesen wir oft von dieser Salbung. Paulus sagt den Christen in Ephesus, dass es sein Gebet für sie ist, dass sie diese Kraft erkennen mögen. Er fährt mit den Worten fort, dass die größte Offenbarung von Gottes Kraft nicht bei der Schöpfung oder bei den Wundern, die in der Bibel berichtet werden, manifestiert wurde, sondern in der Auferstehung Christi von den Toten (Eph 1,19-23). Den Philippern sagt Paulus in seinem Brief, dass es sein Verlangen ist, mehr von dieser Auferstehungskraft zu erkennen (Phil 3,10).
Das ist, so bin ich überzeugt, die Kraft, die seine Jünger nach Jesu Aussage empfangen würden, wenn der Heilige Geist auf sie kommt (Apg 1,8) - Auferstehungskraft, die Kraft, Leben aus dem geistlichen Tod hervorzubringen. Und es ist Gottes Verlangen, diese Kraft auch auf uns zu übertragen.
Dies, Geschwister, ist das Kennzeichen der Salbung. Nicht irgendeine Erfahrung, nicht irgendeine Äußerung, sondern die Kraft, geistliches Leben aus dem Tod hervorzubringen, wo immer wir hingehen . Erreicht unser Dienst dieses Ziel? Das ist der Säuretest, ob wir die Salbung haben oder nicht.
Leider vermitteln Christen so oft den Tod statt Leben. Die Heiden in unserem Land werden wegen des Zanks und Streits, wegen des Mangels an Integrität und anderen christusunähnlichen Gewohnheiten, die sie im Leben derer sehen, die vorgeben, wiedergeborene Christen zu sein, so oft vom Herrn weggetrieben statt zu ihm hingezogen zu werden. Wie sehr müssen wir uns vor Gott demütigen und um seine Vergebung bitten, dass wir durch unsere Lebensführung Schande über seinen Namen gebracht haben.
Wir sollten uns nicht bloß der Tatsache rühmen, dass wir „Evangelikale" sind. Wenn wir nicht aufpassen, können wir wie die Gemeinde in Sardes enden - dass wir einen Namen haben, dass wir leben, aber in Wirklichkeit tot sind (Offb 3,1).
Es ist nicht genug, dass das Glaubensbekenntnis, das wir wiederholen und die Glaubenssätze, die wir unterschreiben, im Einklang mit der Heiligen Schrift sind. Wir mögen in der Lage sein, die fundamentalste Glaubensaussage zu unterschreiben. Der Teufel kann das auch! Er kennt die Bibel gut und ist daher kein Modernist. Was die Doktrinen angeht, so ist er durch und durch ein Fundamentalist! Es ist daher wenig nütze, wenn wir uns bloß für unseren Fundamentalismus mit Federn schmücken.
Doktrinen sind wichtig. Gott bewahre mich davor, dass ich ihren Wert verächtlich mache. Aber über die Doktrin hinaus ist das, was bei Gott zählt, ob wir geistliches Leben vermitteln oder nicht.
Der Apostel Paulus konnte sagen, dass er mit Gottes Hilfe ein tüchtiger Diener des neuen Bundes war, der geistliches Leben vermittelt (2Kor 3,5-6). Er rühmte sich nicht, dass er ein Fundamentalist war. Noch sprach er bloß von seinen Erfahrungen - weder von der auf derStraße nach Damaskus, noch von der Erfahrung auf der Geraden Straße. Nein. Er demonstrierte die Wirklichkeit seiner fundamentalen Glaubenssätze und seiner geistlichen Erfahrungen, indem er ständig Leben in Situationen des geistlichen Todes brachte.
Im Leben des Paulus und im Leben Elisas gab es kein Schwinden der Kraft. Es gab keinen Verlust der Salbung in späteren Jahren, wie es bei so vielen Dienern Gottes in unserer Zeit der Fall zu sein scheint. Paulus und Elisa kamen niemals in ein Stadium, wo alles, was sie tun konnten, darin bestand, sich dessen zu rühmen, was Gott in der Vergangenheit tat. Sie lebten allezeit in der gegenwärtigen Freude der Salbung und von Gottes Kraft. Statt zu schwinden, nahm ihre geistliche Kraft immer mehr zu. Wie ihre Tage, so war ihre Kraft. Ihr Licht schien heller und heller bis zum vollen Tag. Was für eine gesegnete Lebensweise! Und doch ist das der Weg, auf dem alle seine Kinder nach Gottes Wunsch wandeln sollten (Spr 4,18).
Elisa lebte in ständigem Kontakt mit Gott, und das war der Grund, warum er immer in der Lage war, Leben aus dem Tod hervorzubringen, wo immer er hinging. Und daher kamen Leute mit ihren Problemen und Nöten zu ihm. Er musste nicht herumgehen, um einen Dienst zu suchen. Er musste nicht herumgehen und Leute bitten, ihn finanziell zu unterstützen und ihn einzuladen. Nein. Gelegenheiten für den Dienst ergaben sich für ihn in Fülle, ohne fleischliche Anstrengungen seinerseits.
Dasselbe war bei Johannes dem Täufer der Fall. Menschen aus Jerusalem und aus ganz Judäa und aus der ganzen Region um den Jordan legten lange Entfernungen zurück, um ihn zu hören - obwohl er nie Werbung für sich machte und nie ein Wunder tat.
Diese Männer waren gesalbt und sie lebten ständig unter der Salbung. Das war das Geheimnis. Sonst nichts.
Aber wenn die Salbung des Geistes so wichtig ist, warum gibt sie Gott nicht allen seinen Kindern? Der Grund ist einfach der, dass sehr wenige von ihnen bereit sind, den Preis dafür zu bezahlen, die Salbung zu empfangen.
Es gab Gründe, warum Elisa gesalbt war, und ich kann an mindestens drei denken.
Durst
Niemand kann die Tatsache bezweifeln, dass Elisa nach dieser Salbung dürstete. Er begehrte sie mehr als alles andere in der Welt.
In 2. Könige 2,1-10 lesen wir, wie Elisa in diesem Punkt geprüft wurde. Elia befahl Elisa zuerst, in Gilgal zu bleiben, während er selbst weiterging. Aber Elisa weigerte sich, Elia zu verlassen. Dann führte Elia ihn ca. 24 Kilometer westwärts nach Bethel, dann ca. 20 Kilometer zurück nach Jericho, und dann weitere ca. 8 Kilometer nach Osten zum Jordan, und prüfte damit Elisas Ausdauer und Ernst in jeder Phase. Schließlich fragte Elia ihn, ob es irgendeine Bitte gab, die er ihm gewähren könnte, bevor er ihn verließ. Elisa sagte: „Ich möchte nur Eines. Das ist der Grund, warum ich dir die ganze Zeit nachgefolgt bin. Das ist der Grund, warum ich dich nicht verlassen habe, sogar als du versucht hast, mich abzuschütteln. Ich möchte einen doppelten Anteil von deinem Geist."
Elisa begehrte von ganzem Herzen nach dieser Salbung. Er wollte nicht mit weniger zufrieden sein. Und er erhielt, worum er bat.
Ich glaube, dass Gott uns oft führt, so wie Elia Elisa führte, um uns zu prüfen, um zu sehen, ob wir mit weniger als der vollen Salbung des Heiligen Geistes zufrieden sind. Wenn wir mit weniger zufrieden sind, werden wir nur so viel bekommen. Gott gibt diese Salbung nicht dem selbstzufriedenen und selbstgefälligen Christen, der glaubt, dass er ganz gut auch ohne sie auskommen kann.
Wenn wir erkennen, dass dies das Eine ist, was wir vor allem anderen brauchen, wenn wir wie Elisa willens sind, zu folgen, bis wir diese Salbung haben, wenn wir wie Jakob in Pnuel aufrichtig sagen können, „Herr, ich lasse dich nicht gehen, bis du mich mit diesem Segen ausstattest", wenn wir uns wirklich danach sehnen und diese Kraft des Heiligen Geistes, diese Auferstehungskraft, begehren, dann werden wir sie tatsächlich empfangen. Dann werden wir wahre „Israeliten" sein, die Kraft bei Gott und bei den Menschen haben.
Gott lässt oft Versagen und Frustration in unserem Leben zu, um uns einfach zu zeigen, wie sehr wir diese Salbung benötigen. Er möchte uns zu erkennen geben, dass trotz der Tatsache, dass wir evangelikale Doktrinen haben und der Heilige Geist in uns wohnt, wir dennoch wissen müssen, dass der Geist Gottes mit Kraft auf uns ruht.
Es ist kein Leichtes, diese Salbung zu haben. Als Elia die Bitte Elisas hörte, sagte er nicht zu ihm: „Das ist etwas Leichtes, was du erbeten hast. Knie dich einfach hier nieder und ich werde meine Hände auf dich legen und dann wirst du diese Salbung erhalten." Nein, Elia sagte zu Elisa: „Du hast etwas Schweres erbeten." Ja, es ist etwas Schweres. Wir müssen einen Preis dafür bezahlen. Wir müssen bereit sein, alles in der Welt dafür aufzugeben.
Wir müssen diese Salbung mehr als alles andere begehren - mehr als Geld und Bequemlichkeit und Vergnügen und mehr als Ruhm und Popularität und sogar mehr als Erfolg in der christlichen Arbeit. Ja, es ist in der Tat etwas Schweres. Aber das bedeutet es, zu dürsten. Wenn wir dieses Stadium erreichen, können wir zu Jesus gehen und trinken, und wie die Heilige Schrift sagt, werden dann durch uns lebendige Wasser in viele Richtungen fließen, und überall wo sie hinfließen, Leben aus dem Tod hervorbringen (Joh 7,37-39; Hes 47,8-9).
Wenn wir die Salbung empfangen haben, müssen wir um jeden Preis aufpassen, dass wir sie nicht verlieren. Wir können sie haben und können sie dann wieder verlieren, wenn wir nicht aufpassen. Wenn wir uns auf lieblose Kritik oder loses Reden oder unreine Fantasien einlassen oder Stolz oder Bitterkeit in unserem Herzen hegen, dann ist die Salbung dahin.
Der Apostel Paulus sagte in 1. Korinther 9,27, dass er seinen Leib streng in Zucht hielt, damit er nicht, nachdem er anderen gepredigt hatte, selber verworfen würde. Ich habe mich nie aufgehört zu wundern, dass der mächtige Apostel Paulus, nachdem er so viele Gemeinden gegründet, so viele Wunder getan hatte und so mächtig von Gott gebraucht wurde, trotzdem in Gefahr war, von Gott verworfen zu werden, wenn er die Glieder seines Leibes leichtsinnig gebrauchen würde. Wenn das so ist, wo stehen wir dann?
Wir müssen ständig beten: „Herr, egal was ich im Leben verlieren mag, lass mich niemals deine Salbung verlieren."
Reinheit des Motivs
Ein zweiter Grund, warum Elisa gesalbt war, bestand darin, dass seine Motive rein waren. Die Herrlichkeit Gottes war sein einziges Anliegen. Dies wird nirgendwo mit vielen Worten erwähnt, aber es wird sehr deutlich, wenn man den Bericht seines Lebens liest. Die Not unter Gottes Volk war so groß und die Schändung von Gottes Namen verletzte ihn, so wie es zuvor Elia verletzt hatte. Er sehnte sich so sehr nach der Salbung, um in diesem Lande einen Dienst zu erfüllen, der die Schande, die über diesen herrlichen Namen gekommen war, beseitigen würde.
Unreine und selbstsüchtige Motive sind oft der Grund, warum so viele von Gottes Kindern nicht gesalbt sind. Die meisten Christen sind glücklich, wenn sie äußerlich gerecht sind, aber Gott sucht nach Wahrheit im Verborgenen. Er sieht, ob wir über seine oder über unsere eigene Herrlichkeit besorgt sind. Er sieht, ob es uns schmerzt oder nicht, wenn sein Name in Verruf gebracht wird. Wenn unser Herz nicht beschwert und verletzt ist, wenn wir sehen, dass der Name Gottes heute in unserem Land in Verruf gebracht wird, dann frage ich mich, ob Gott uns überhaupt jemals salben wird.
In Hesekiel 9,1-6 lesen wir, wie Gott gewisse Leute als sein Sondereigentum kenntlich macht. Er sonderte diejenigen aus, die über die Sünden, die sie unter Gottes Volk sahen, weinten und seufzten. Diese stellen Gottes Überrest dar und es sind diejenigen, die Gott salbt - jene, deren Herzen um seinen Namen besorgt sind und die danach trachten, ihn allein zu verherrlichen.
Keine Liebe für diese Welt
Ein dritter Grund, warum Elisa gesalbt war, bestand darin, dass er keine Liebe für diese Welt hatte. Das wird an seinem Umgang mit Naaman offenbar. Als Letzterer ihm Geld anbot, weigerte er sich für sein Wunder, das er getan hatte, irgendeine Bezahlung anzunehmen. Elisa hatte keine Liebe für diese Welt oder zum Geld. Er trachtete im Werk des Herrn nicht nach persönlichem Gewinn.
Gehasi andererseits bietet uns einen auffallenden Gegensatz. Er war Elisas Assistent, so wie Elisa Elias Assistent war. Und wenn Elisa einen doppelten Anteil von Elias Geist erhielt und Elias Werk hatte fortsetzen können, so hätte sicherlich auch Gehasi Elisas Geist empfangen und Elisas Werk weiterführen können. Aber er erhielt die Salbung nicht. Stattdessen wurde er aussätzig. Warum? Weil Gott sein Herz sah. Trotz all des äußerlichen Anscheins geistlich zu sein, gab es tief im Herzen Gehasis ein Verlangen nach persönlichem Gewinn. Er mag am Anfang mit Aufrichtigkeit in das Werk des Herrn eingetreten sein, aber sehr bald fing er an, auch über materielle Vorteile nachzudenken. Er dachte, er könnte materiellen Wohlstand anhäufen und auch die Salbung empfangen. Aber er irrte sich. Viele christliche Arbeiter haben denselben Fehler gemacht.
Möge der Herr uns davor befreien, jemals zu versuchen, unsere Position oder unseren Dienst in irgendeiner Gemeinde oder christlichen Institution als ein Mittel für persönlichen Gewinn zu benutzen.
Ein Ungläubiger erzählte mir einmal, er habe beobachtet, dass es heute etwas ziemlich Profitables sei, im christlichen Werk zu arbeiten. Er zitierte das Beispiel eines gewissen christlichen Arbeiters, dem es nicht besonders gut ging, als er einer weltlichen Arbeit nachging. Aber nun hatte er einen solchen Überfluss. Er erhielt eine Menge Geld aus Amerika. Er hatte sich ein großes Haus gebaut und lebte jetzt in großem Luxus. Und was der Gipfel von all dem war: Er hielt sich selber für einen Evangelikalen, der überzeugt war, einen Platz im Himmel zu haben! Gewiss dienen solche Menschen Gott überhaupt nicht.
Geschwister, wenn christliche Arbeit uns materiellen Gewinn bringt, müssen wir unser Leben erneut prüfen und schauen, ob wir wirklich Jesus nachfolgen. Gewöhnlich werden wir feststellen, dass dies nicht der Fall ist.
Watchman Nee sagte, wenn unser Dienst für Gott nicht mit Kosten verbunden ist, wenn es keine Opfer erfordert, dann müssen wir uns ernstlich die Frage stellen, ob unser Ruf wirklich von Gott ist.
Stellen wir uns selber die Frage, ob es irgendeine Liebe zur Welt oder für ihre Vergnügungen, Bequemlichkeiten und Reichtümer in unserem Herzen gibt. Gott kann uns nicht salben, wenn dies der Fall ist.
Ein triumphierender Überrest
Gott hält heute nach Männern und Frauen in unserem Land Ausschau, die er mit seinem Geist salben kann - ein Überrest, der bereit ist, den Preis zu bezahlen und diese Ausstattung mit Kraft zu erhalten.
Die Wasser des Jordans symbolisieren für uns heute den geistlichen Tod, der unser Land durch das Wirken der Mächte der Finsternis umhüllt. Gott hält Ausschau nach einem triumphierenden Überrest unter seinem Volk, die durch diese Wasser hindurchgehen und Leben aus dem Tod hervorbringen. Er hält nach einem Volk Ausschau, das den Namen des Herrn Jesus Christus benutzen wird, um die Mächte des Feindes in die Flucht zu schlagen und das alle Hürden ungehindert überwindet; Menschen, die durch jeden Jordan einen Weg bahnen und für unseren Gott in unserem Land eine Bahn machen. Dann werden wir die ersehnte Erweckung in unseren Gemeinden erleben und die Heiden werden erkennen, dass unser Herr Jesus Christus tatsächlich der wahre Gott ist.
Die Salbung allein kann das Joch des Feindes in unserem Land brechen (Jes 10,27). Der Name Jesu ist uns übergeben worden. Aber haben wir die Salbung?
Mögen wir nach der Kraft des Heiligen Geistes in unserem Leben und in unserem Dienst dürsten, damit wir Gott verherrlichen, seinen Willen erfüllen und sein Reich herbeiführen.
Möge er in unserer Mitte viele finden, die bereit sind, den damit verbundenen Preis zu bezahlen, um heilige, demütige und gesalbte Männer und Frauen Gottes zu werden. Amen.
Ich könnte diese Reihe von Meditationen nicht passender als mit einem Gebet von A.W. Tozer abschließen, den ich für einen der wenigen Propheten halte, den das 20. Jahrhundert gesehen hat.
Es trägt den Titel Das Gebet eines kleinen Propheten:
„Herr, ich habe deine Stimme gehört und hatte Angst. Du hast mich zu einer ehrfurchtgebietenden Aufgabe in einer schweren und gefährlichen Stunde berufen. Du bist dabei, alle Völker und die Erde und auch den Himmel zu erschüttern, damit die Dinge, die nicht erschüttert werden können, bestehen bleiben mögen. Herr, unser Gott, du hast dich herabgelassen, um mich zu ehren, dein Knecht zu sein. Kein Mensch nimmt sich selbst diese Ehre, es sei denn, er ist von Gott berufen wie es einst Aaron war. Du hast mich für die, welche hartherzig und harthörig sind, zu deinem Boten eingesetzt. Sie haben dich, den Herrn, abgelehnt, und es ist nicht zu erwarten, dass sie mich, deinen Diener annehmen werden.
Mein Gott, ich werde keine Zeit damit verschwenden, mich über meine Schwäche oder meine mangelnde Eignung für das Werk zu beklagen. Die Verantwortung liegt bei dir, nicht bei mir. Du hast gesagt, ‚Ich kannte dich - Ich erwählte dich - Ich heiligte dich', und du hast auch gesagt, ‚Du sollst zu allen gehen, zu denen ich dich senden werde, und alles, was ich dir auftrage, sollst du reden'. Wer bin ich, dass ich mit dir rechten oder deine souveräne Wahl in Frage stellen sollte? Die Entscheidung ist nicht meine, sondern deine. So sei es, Herr. Dein Wille, nicht mein Wille soll geschehen.
Ich weiß sehr wohl, du Gott der Propheten und der Apostel, dass du mich ehren wirst, solange ich dich ehre. Hilf mir daher, dieses ernsten Gelübde abzulegen, dich in meinem ganzen zukünftigen Leben und in meiner Arbeit zu ehren, sei es durch Verlust oder Gewinn oder durch Leben oder Tod, und dieses Gelübde dann das ganze Leben lang zu halten.
Es ist für dich Zeit, Gott, zu wirken, denn der Feind ist auf deine Weiden eingedrungen und deine Schafe sind zerrissen und zerstreut. Falsche Propheten nehmen überhand, die die Gefahr leugnen und über die Gefahren lachen, die deine Herde umgeben. Die Schafe sind von diesen Mietlingen verführt und folgen ihnen mit rührender Loyalität, während die Wölfe sich bedrohlich nähern, um zu töten und zu zerstören. Ich bitte dich flehentlich, gib mir scharfe Augen, um die Gegenwart des Feindes zu entdecken; gib mir Verständnis, den wahren Freund vom falschen zu unterscheiden. Gib mir Vision, zu sehen und Mut zu berichten, was ich ehrlich sehe. Mache meine Stimme so wie deine eigene, dass sogar die kranken Schafe sie erkennen und ihr folgen werden.
Herr Jesus, ich komme zu dir, um geistlich vorbereitet zu werden. Lege deine Hand auf mich. Salbe mich mit dem Öl des neutestamentlichen Propheten. Behüte mich davor, ein religiöser Schriftgelehrter zu werden und auf diese Weise meine prophetische Berufung zu verlieren. Errette mich vom Fluch, der dunkel über dem Angesicht des modernen Klerus liegt, der Fluch des Kompromisses, der Nachahmung, des Professionalismus. Rette mich vom Irrtum, eine Kirche nach der Größe, ihrer Popularität oder der Summe der jährlichen Kollekte zu beurteilen. Hilf mir, mich daran zu erinnern, dass ich ein Prophet bin; kein Organisator, kein religiöser Manager, sondern ein Prophet. Lass mich nie ein Knecht der Massen werden. Heile meine Seele von fleischlichen Ambitionen und befreie mich vom Reiz nach öffentlicher Bekanntheit. Rette mich davor, ein Sklave von Dingen zu sein. Lass mich mein Leben nicht damit verschwenden, indem ich bloß „ums Haus herumwerkle". Lege deinen Schrecken auf mich, Gott, und treibe mich an den Ort des Gebets, wo ich mit den Mächten und Gewalten und Herren der Finsternis dieser Welt ringen kann. Bewahre mich davor, zu viel zu essen und zu lange zu schlafen. Lehre mich Selbstdisziplin, damit ich ein guter Soldat Jesu Christi sein kann.
Ich akzeptiere in diesem Leben harte Arbeit und geringe Belohnung. Ich bitte nicht um ein einfaches Leben. Ich werde versuchen, gegenüber den kleinen Wegen, die mein Leben einfacher machen könnten, blind zu sein. Wenn andere einen leichteren Weg suchen, werde ich versuchen, den schweren Weg zu gehen, ohne sie zu hart zu richten. Ich werde Opposition erwarten und versuchen, sie ruhig anzunehmen, wann immer sie kommt. Oder, wie es sich manchmal für deine Diener ergibt, wenn mir erkenntliche Geschenke von deinem gütigen Volk aufgedrängt werden, dann stehe mir bei und errette mich vor dem Verderben, das oft folgt. Lehre mich, das, was ich bekomme, auf eine solche Weise zu benutzen, dass es weder meine Seele verletzen noch meine geistliche Kraft schmälern wird. Und wenn mir in deiner freizügigen Vorsehung von deiner Gemeinde Ehre zukommt, dann lass mich in dieser Stunde nicht vergessen, dass ich deiner geringsten Barmherzigkeit unwürdig bin, und dass, wenn mich die Menschen so genau kennten wie ich mich selber kenne, dann würden sie mir ihre Ehre versagen oder sie jemand anderem gewähren, der würdiger ist, sie zu empfangen.
Und nun, Herr des Himmels und der Erde, weihe ich dir meine verbleibenden Tage; mögen sie viele oder wenige sein, wie du es willst. Lass mich vor den Großen stehen oder den Armen und Niedrigen dienen; diese Wahl obliegt nicht mir, und ich würde sie nicht beeinflussen, selbst wenn ich es könnte. Ich bin dein Knecht, um deinen Willen zu tun, und dieser Wille ist für mich süßer als Position oder Reichtümer oder Ruhm, und ich ziehe ihn allen Dingen auf Erden und im Himmel vor.
Obwohl ich von dir auserwählt und durch eine hohe und heilige Berufung geehrt bin, lass mich niemals vergessen, dass ich nur ein Mensch aus Staub und Asche bin, ein Mensch mit all den natürlichen Fehlern und Leidenschaften, die die Menschheit plagen. Ich bitte dich daher, mein Herr und Erlöser, rette mich von mir selber und von all den Verletzungen, die ich mir selber zufügen kann, während ich versuche, ein Segen für andere zu sein. Fülle mich durch den Heiligen Geist mit deiner Kraft, und ich werde in deiner Stärke hinausgehen und von deiner Gerechtigkeit erzählen, und nur von deiner. Ich werde deine Botschaft der rettenden Liebe verkündigen, solange meine natürlichen Kräfte reichen. Dann, lieber Herr, wenn ich abgekämpft und zu müde bin, um weiterzumachen, halte für mich droben einen Platz bereit, und lass mich zu deinen Heiligen in ewiger Herrlichkeit gezählt werden.
Amen, ja Amen!"
(Zitiert von David J. Fant Jr., in A.W. Tozer)
Möge dies das Gebet deines und meines Herzens sein.