Richtet nicht

Autor :   Zac Poonen Kategorien :   Jünger
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„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst" (Mt 7,1-5).

Es ist für uns alle notwendig, dass ständig daran erinnert zu werden, uns stets selber zu richten und niemals andere zu richten.

Wir brauchen alle Urteilsvermögen (Unterscheidungsvermögen) - aber Urteilsvermögen ist eine geistliche Eigenschaft, die sich gewaltig vom Richten anderer, was eine fleischliche Aktivität ist, unterscheidet.

Römer 14 ist ein Kapitel, über das wir alle regelmäßig meditieren müssen - damit wir immer wieder an die Freiheit erinnert werden, die Gott seinen Kindern in vielen Bereichen gegeben hat.

Hier sind einige Beispiele, in denen wir andere richten mögen - äußerlich oder innerlich. Wir sollten über andere in solchen Angelegenheiten keine Urteile fällen (oder sogar Urteile in unserem Verstand fällen):

  • Ob jemand ein Auto (oder zwei Autos!) besitzen kann oder nicht - und welche Marke es sein sollte.
  • Wenn jemand ein Haus anmietet, welche Größe es haben sollte.
  • Wenn jemand ein Haus kauft, wie groß oder prachtvoll es nicht sein sollte.
  • Ob jemand teure Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke und andere Geräte in seinem Haus haben kann.
  • Welches Bildungsniveau jemand seinen Kindern anbieten sollte.
  • Ob jemand ins Ausland gehen kann, um dort mehr zu verdienen oder dorthin auswandern kann.
  • Wie viel Vermögen jemand besitzen oder wie viele Ersparnisse er auf seinem Bankkonto haben kann [Beachte: Wir sollten uns keine Schätze für uns selber sammeln (Mt 6,19); aber uns ist geboten, für unsere Kinder etwas anzusparen (2Kor 12,14; 1Tim 5,8].
  • In welches Krankenhaus jemand zur Behandlung gehen sollte - ein teures oder ein billiges.
  • Ob jemand in teuren Hotels/Restaurants übernachten oder essen kann.
  • Ob eine Schwester Schmuck oder teure Saris/Kleider oder Damenhosen tragen kann.
  • Ob Männer langes Haar tragen können. (Die Natur sagt „kurzes Haar", aber Gott sagt darüber nichts - 1Kor 11,14).
  • Ob Frauen kurzes Haar tragen können (Langes Haar ist ihre Ehre, aber das ist nicht von Gott geboten - 1Kor 11,15).
  • Ob jemand sein/ihr Haar färben kann.
  • Ob eine Schwester irgendwelche Art von Make-up tragen kann.
  • Ob jemand Sportsendungen im Fernsehen anschauen kann oder nicht.
  • Ob jemand einen Fernseher haben kann oder nicht.
  • Ob jemand das soziale, wirtschaftliche und ausbildungsrelevante Niveau in Betracht ziehen kann, wenn er einen Ehepartner auswählt [Beachte: Da es ein „gleiches Joch" in allen Bereichen (Geist, Seele und Leib) geben muss, werden vernünftige Christen auch die „seelischen" Faktoren berücksichtigen.]
  • Ob jemandes Hochzeitsfeier zu grandios oder zu einfach war.
  • Usw., usw.

Das sind nur einige Bereiche. Ich bin sicher, du kannst viele andere hinzufügen. Viele dieser Entscheidungen hängen vom Einkommen der Familie ab - und das Einkommen variiert unter Christen beträchtlich. Ein sehr einfaches Auto, Haus, Bildung, Job oder Hochzeit in einer großen Stadt würde nach den Standards der Menschen, die in einem armen Dorf leben, als extravagant und luxuriös angesehen werden. Daher können wir einander nicht richten.

Die Größenordnung einer Hochzeit wird vom Reichtum sowie von der engagierten Beteiligung der Eltern auf beiden Seiten bestimmt. Um des Friedens willen mag die Meinung selbst eines halbherzigen Elternteils oder eines Bräutigams oder einer Braut die endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit beeinflusst haben. Daher dürfen wir niemanden in Bezug darauf richten, wie er seine Hochzeit feiert.

Wir haben die Tendenz, die Verschwendung anderer nur in jenen Bereichen zu richten, in denen wir selber einfach leben. Viele, die andere in einer der oben aufgeführten Bereiche kritisieren, versagen in einem der anderen Bereiche - aber weil ihr richtender Geist sie blind macht, können sie ihre eigenen Defizite nicht sehen. Daher ist es am besten, davon abzulassen, die Splitter in den Augen anderer zu richten.

Wir müssen lernen, „uns um unsere eigenen Angelegenheiten zu kümmern", und müssen vermeiden, anderen zu sagen, was sie in solchen Angelegenheiten tun sollten. Sonst werden wir selbstgerechte Pharisäer werden, die sich „als Wichtigtuer in die Sachen anderer einmischen" (1Pt 4,15). Es ist am besten, jede Person nach seinem/ihrem eigenen Gewissen handeln zu lassen.

In der Gemeinde sollen wir in erster Linie gegen Sünde und gegen die Liebe zum Geld predigen; und wir brauchen NUR dann Rat zu geben, wenn uns jemand darum bittet, es sei denn natürlich, wenn es eine Angelegenheit von sündigem Verhalten ist.

In Geldangelegenheiten jedoch sollten wir alle Gläubigen ermutigen, innerhalb ihrer finanziellen „Mauern" zu bleiben. Sich zu verschulden ist wie das Durchbrechen der finanziellen „Mauer", die Gott um uns herum gebaut hat. Siehe Prediger 10,8b [Das hebräische Wort, das mit „Schlangenbiss" übersetzt ist, lautet „nashak", was dem hebräischen Wort „Schuld" - „nasha" sehr ähnelt.] Wir ermutigen Christen, die Aufnahme von Schulden soweit wie möglich zu vermeiden, außer dort, wo es unvermeidbar ist, wie z.B. für Notlagen und medizinische Behandlung, oder wenn jemand ein Haus baut/kauft oder ein Auto kauft usw. Und wenn sie Geld borgen, müssen sie ermutigt werden, ihre Schulden so bald wie möglich zurückzuzahlen (Röm 13,8).

Die bedeutet jedoch nicht, dass wir nicht klar lehren sollten, was die Bibel über Angelegenheiten lehrt wie beispielsweise

- dass die Gemeinde durch die Trübsal geht [siehe https://www.cfcindia.org/deutsch/articles/die_kirche_und_die_truebsal_za...,

- dass Frauen eine Kopfbedeckung tragen sollen, wenn sie beten/prophetisch reden [siehe https://www.cfcindia.org/deutsch/articles/kopfbedeckung_fuer_frauen_zac_... und https://www.cfcindia.org/deutsch/articles/kopfbeckung-zwei_geistliche_au...

Wenn einige Gläubige in solchen Angelegenheiten eine andere Meinung haben, werden wir sie nicht richten. Aber wir werden in der Gemeinde dennoch lehren, was die Bibel klar lehrt.

Betrachte die Bibelstelle in Titus 2,4-5, die klar aussagt, dass Frauen in erster Linie „zu Hause (im Haushalt) arbeiten sollten". Wir müssen das lehren. Aber die Bibel verbietet einer Frau nicht, außer Haus zu arbeiten. Daher dürfen wir es auch nicht verbieten. Es gibt viele Fälle, wo es notwendig wird, dass eine Frau zur Arbeit geht, weil ihr Ehemann invalide ist oder keine Arbeit finden kann usw. Daher sollten wir eine Frau, die zur Arbeit geht, niemals richten.

Oder betrachte das Feiern von Weihnachten und Ostern. Wir selber mögen vom heidnischen Ursprung dieser Festtage überzeugt sein. Aber einige Gläubige mögen in Bezug auf diese Tatsache völlig unwissend sein [siehe https://www.cfcindia.org/deutsch/articles/weihnachten_und_ostern-christl.... Wir müssen an unseren Überzeugungen festhalten. Aber wir sollten diejenigen nicht richten, die diese Festtage feiern. Römer 14,4-6 sagt das sehr deutlich.

Jede Gemeinde, die ihren Mitgliedern die Freiheit vorenthält, die uns vom Heiligen Geist in Römer 14 gegeben ist, ist legalistisch.

Es ist wichtig festzuhalten, dass sich Richten von der Verkündigung der Wahrheit von Gottes Wort unterscheidet. Wir müssen in unseren Gemeinden den ganzen Ratschluss Gottes verkündigen. Wir dürfen über keinen Teil von Gottes Wahrheit schweigen, aus Furcht davor, dass wir als „Legalisten" bezeichnet werden könnten. Aber wenn einige nicht akzeptieren und praktizieren, was wir in diesen nicht zentralen Angelegenheiten lehren, dürfen wir sie nicht richten. Wir müssen es Gott überlassen, sie zu richten, es sei denn, dass ihre Handlungen die Gemeinde (negativ) berühren.

Es besteht jedoch eine große Gefahr darin, dass wir über einige der oben erwähnten nicht zentralen Angelegenheiten leidenschaftlicher werden als über Jesus selbst und darüber, in sein Bild verwandelt zu werden.

All die oben erwähnten Angelegenheiten sind äußerliche Angelegenheiten. Aber Gott schaut auf das Herz - und das können wir nicht sehen. Mögen wir Gott so fürchten, dass wir nie mehr „nach dem richten, was unsere Augen sehen oder was unsere Ohren hören, sondern immer mit Gerechtigkeit richten" (Jes 11,3-4).

Wenn wir ernsthaft „nach der Liebe streben" (1Kor 14,1), und ernsthaft danach trachten, „Demut von unserem Herrn zu lernen" (Mt 11,29), werden wir vor der Fallgrube, andere zu richten, gerettet werden.

Die glücklichsten Menschen auf der Welt sind die, die sich stets selber richten und niemals andere richten.

Originalartikel: Do Not Judge