In Demut Leben

Autor :   Zac Poonen
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Die Größe Gottes kann von der Welt an den Wundern Seiner Schöpfung erkannt werden (Ps 19,1). Das Universum ist so gewaltig, dass der menschliche Verstand es nicht erfassen kann. Galaxien von Sternen wurden quer durch den Weltraum geschleudert, die Milliarden von Lichtjahren voneinander entfernt sind. Gleichzeitig besteht jedes Materieteilchen in diesem Universum aus Atomen, die so klein sind, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann, doch enthalten sie Hunderte von Elektronen, die in ihrem Inneren rotieren. Wie groß ist unser Gott! Aber für den Jünger Jesu Christi erkennt man Gottes Größe nicht in erster Linie durch diese Wunder des Universums, sondern vielmehr in der Demut, die den Sohn Gottes veranlasste, sich selbst zu entäußern, in unser Fleisch zu kommen und sich mit der gefallenen Menschheit zu identifizieren.


,,Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit" schreibt der Apostel Johannes (Joh 1,14). Und wir können hinzufügen: ,,Eine solche Herrlichkeit, die die Herrlichkeit, die man in der Schöpfung sieht, weit übertrifft." Der große König des Himmels kam und wohnte als Einer von uns in unserem Fleisch. Er kam nicht in einer herablassenden, bevormundenden Art und Weise, sondern in echter Demut und machte sich in jeder Hinsicht mit uns eins.


Wir sehen die Herrlichkeit Jesu auf viel größere Weise in Seiner Demut als selbst in den herrlichen Wundern, die Er tat.


Es ist dieser Weg der Demut, den uns der Heilige Geist als Erstes zeigt, damit wir lernen mögen, alle Tage unseres Lebens darin zu leben. In diesem Bereich sollen wir Jesus in erster Linie folgen.


Bevor Jesus dieses reine und von Liebe erfüllte Leben auf Erden führte, demütigte Er sich selbst. Das war der erste Schritt. Und das ist auch für uns der erste Schritt.


Viele Jahrtausende bevor Jesus auf die Erde kam, hatte Gott einen Engel namens Luzifer erschaffen, der vollkommen an Weisheit und Schönheit war. Luzifer wurde von Gott als Haupt über die Engel eingesetzt. Aber von Stolz aufgeblasen und unzufrieden mit seinem festgesetzten Los, trachtete Luzifer danach, in den Himmel aufzufahren und sich selbst zu erhöhen (Hes 28,11-17; Jes 14,12-15). Somit brachte er die Sünde in Gottes Schöpfung. Gott warf ihn sofort aus dem Himmel hinaus ­ und er wurde zu Satan.


Stolz ist daher die Wurzel jeder Sünde und alles Bösen in diesem Universum.


Als Adam sündigte, wurde auch er mit diesem satanischen Stolz infiziert.


Jedes Kind Adams wird jetzt auch mit dieser Infektion geboren.


Um den Menschen von diesem Gift zu erlösen, demütigte Jesus sich selbst.


So wie Sünde im Stolz Luzifers ihren Anfang nahm, so entsprang unsere Erlösung der Selbsterniedrigung Jesu. Wir haben so viel von der Gesinnung Christi, wie wir von Seiner Demut haben. Das ist der unfehlbare Maßstab von geistlichem Wachstum.


Das Kommen Jesu von der Herrlichkeit des Himmels auf die Erde herab ist an sich schon eine wunderbare Demonstration Seiner Demut. Aber es heißt weiter, dass Er sich sogar ,,als Mensch demütigte" (Phil 2,8). ,,Er wurde in allem seinen Brüdern gleich" (Hebr 2,17). Er nahm so wie alle anderen Menschen Seinen Platz vor Gott ein. Er wurde ein Nichts, damit Gott alles sein möge. Das ist wahre Demut.


Weltliche Herrlichkeit und Größe einer Person werden an der Position, dem Wohlstand, den Errungenschaften, dem Familienstatus usw. gemessen. Aber wie anders war die Herrlichkeit Gottes, wie man sie in Jesus Christus sieht! Jesus war die einzige Person, die jemals geboren wurde, die die Gelegenheit hatte, die Familie auszuwählen, in die Er hineingeboren werden wollte. Keiner von uns hatte diese Wahlmöglichkeit.


Welche Familie wählte sich Jesus aus? Eine unbekannte Zimmermannsfamilie aus einem Ort namens Nazareth, einer Stadt, von der man sagte: ,,Was kann von dort Gutes kommen?" (Joh 1,46). Josef und Maria waren so arm, dass sie sich nicht einmal leisten konnten, ein Lamm als Brandopfer darzubringen (siehe Lk 2,22-24 i.


V. m. 3Mo 12,8).


Ferner war Jesus die einzige jemals geborene Person, die genau wählen konnte, wo sie geboren werden würde. Nachdem Er die Gelegenheit hatte, den Ort Seiner Geburt zu bestimmen, welchen Ort wählte Er aus? Eine Viehkrippe in einem bescheidenen Stall! Beachte ferner den Familienstammbaum, den Jesus für sich auswählte. In Seinem Stammbaum in Matthäus 1,3-6 werden vier Frauen erwähnt. Die erste, Tamar, hatte einen Sohn, der durch Ehebruch mit ihrem Schwiegervater Juda gezeugt wurde. Die zweite, Rahab, war eine bekannte Hure in Jericho. Die dritte, Rut, war eine Nachfahrin Moabs, die als Ergebnis von Lots Ehebruch mit seiner eigenen Tochter geboren wurde. Die vierte war Urias Frau Batseba, mit der David Ehebruch begangen hatte.


Warum hat sich Jesus für einen solchen schändlichen Familienstammbaum entschieden? Damit Er sich völlig mit Adams gefallener Nachkommenschaft identifizieren konnte. Hier sehen wir Seine Demut. Er begehrte keinerlei Stolz auf Familie oder Abstammung.


Jesus hat sich völlig mit den Menschen identifiziert. Er glaubte an die grundlegende Gleichheit aller Menschen ohne Rücksicht auf Rasse, Familie, Position im Leben usw., und wurde einer der Geringsten und Niedrigsten in der gesellschaftlichen Schicht. Nur derjenige, der sich unter andere begibt, ist in der Lage, sie zu erhöhen.


Das war der Grund, warum Jesus kam.


Der Heilige Geist verwandelt uns durch die Erneuerung unseres Sinnes (Röm 12,2).


Die Saat von echter christusähnlicher Demut wird in unseren Gedanken gesät.


Nicht durch unsere Taten oder durch unser Verhalten vor anderen, sondern durch unsere Gedanken (wenn wir mit uns allein sind) können wir herausfinden, ob wir in diesem Bereich zur Christusähnlichkeit verwandelt werden oder nicht ­ unsere Gedanken über uns selbst und darüber, wie wir uns mit anderen vergleichen.


Nur wenn wir in unseren eigenen Gedanken gering sind, können wir wirklich ,,andere höher achten als uns selbst" (Phil 2,3) und uns als die ,,Allergeringsten unter allen Heiligen" betrachten (Eph 3,8).


Jesus betrachtete sich selbst immer als einen Menschen, der vor Seinem Vater nichts war. Daher wurde die Herrlichkeit des Vaters durch Ihn in all seiner Fülle offenbart.


Weil Jesus diese Position der Nichtigkeit vor dem Vater einnahm, konnte Er sich allem, was der Vater für Sein Leben anordnete, freudig unterordnen und allen Geboten des Vaters von ganzem Herzen gehorchen.


,,Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tode" (Phil 2,8).


Völliger Gehorsam ist das unverkennbare Merkmal von echter Demut. Es gibt keinen eindeutigeren Beweis als diesen.


Über einen Zeitraum von 30 Jahren unterstellte sich Jesus einem unvollkommenen Pflegevater und einer unvollkommenen Mutter ­ weil dies der Wille des Vaters für Ihn war. Er wusste weit mehr als Josef und Maria, und war anders als sie, sündenlos. Doch ordnete Er sich ihnen unter.


Es ist für einen Menschen nicht leicht, sich denen unterzuordnen, die ihm gegenüber intellektuell oder geistlich minderwertiger sind. Aber echte Demut hat in diesem Punkt kein Problem ­ denn jemand, der sich in Gottes Augen als Nichts betrachtet hat kein Problem damit, sich jemanden zu unterstellen, den Gott über ihn gesetzt hat.


Jesus wählte einen wenig beeindruckenden Beruf aus ­ den Beruf eines Zimmermanns. Und als Er sein öffentliches Wirken begann, hatte Er vor oder nach Seinem Namen keine Zusätze [Titel]. Er war nicht ,,Pastor Jesus". Noch viel weniger war Er der ,,Hochwürden Dr. Jesus". Er strebte oder begehrte nie irgendeine irdische Position oder einen Titel, der Ihn über das gewöhnliche Volk erhöhen würde, dem zu dienen Er gekommen war. Wer Ohren hat zu hören, der höre.


Als einmal die Menschen in Scharen zu Ihm strömten und Ihn zum König machen wollten, entwich Er aus ihrer Mitte (Joh 6,15). Er hatte den Wunsch, als ,,Menschensohn" bekannt zu sein.


Er suchte und kümmerte sich nicht um die Ehre von Menschen. Er lebte allein vor dem Angesicht des Vaters und war ganz zufrieden, von Menschen ignoriert und verachtet durchs Leben zu gehen. Für Ihn zählte allein die Anerkennung des Vaters.


Jedes Mal, wenn Jesus jemanden heilte oder ein Wunder tat, war Er bemüht, dass niemand von der Heilung Kenntnis erhalten sollte, denn Seine Wunder waren Taten des Mitgefühls, die für notleidende Menschen und nicht als öffentliche Kunststücke vollbracht wurden. Sogar als Jesus die Tochter des Jairus von den Toten auferweckte, gab Er strikte Anweisung, niemandem davon zu erzählen (Mk 5,43).


Erst als Jesus diese Erde verlassen hatte, wurde der Bericht über Sein Leben von Seinen Jüngern publik gemacht.


Als Er am letzten Abend vor Seiner Kreuzigung eine Wasserschüssel nahm und die Füße Seiner Jünger wusch, war das bezeichnend dafür, was während Seines ganzen Lebens wahr war. Er war ein Diener aller Menschen gewesen. Er hatte schnell festgestellt, dass die Füße der Jünger schmutzig waren und war ebenso schnell dabei, die Wasserschüssel zu nehmen und das Notwendige zu tun, statt zu warten, um zu sehen, ob jemand anders es tun würde. Diese Handlung war symbolisch für Seinen lebenslangen Dienst für andere. Jesus wartete nicht, um gefragt zu werden, etwas zu tun. Er erkannte die Not und tat das Notwendige.


Jesus verkehrte eng mit der niedrigsten gesellschaftlichen Schicht und bewegte sich unter ihnen als Einer, der ihnen gleich war. Und doch, obwohl Er sündenlos und vollkommen war, gab Er niemals Anlass, dass andere sich wegen ihrer Fehler peinlich fühlten. Es umgab ihn kein herablassendes Flair, wenn Er mit Seinen Jüngern herumzog. In der Tat, Er bewegte sich mit ihnen so frei, dass sie sich frei fühlten, Ihn zu tadeln und Ihm sogar Ratschläge zu erteilen (Mt 16,22; Mk 4,38; 9,5).


Wir sehen die Demut Jesu in Seiner Suche nach Gemeinschaft mit den Jüngern im Gebet. Im Garten Gethsemane bat Er Petrus, Jakobus und Johannes, mit Ihm zu beten, weil Seine Seele ,,bis an den Tod betrübt" war (Mt 26,38). Jesus war sich der äußersten Schwachheit des Fleisches, das Er angenommen hatte, bewusst. Das war der Grund, warum Er ihre Gemeinschaft im Gebet suchte.


Weil wir nicht ehrlich genug sind, unsere Nichtswürdigkeit anzuerkennen, ist die Offenbarung von Gottes Kraft durch uns begrenzt. Jesus hat uns den Weg der Demut gezeigt. Er bedeutet, die Schwachheit des Fleisches und unsere Nichtigkeit als menschliche Wesen anzuerkennen.


Weil Jesus sich selbst demütigte, erhöhte Ihn Gott auf die höchste Position im Universum (Phil 2,9). Diejenigen, die auf dem Weg der Demut am weitesten vorankommen, werden mit Jesus zu Seiner Rechten und Linken in Herrlichkeit sitzen.


Während Seines ganzen Lebens ging Jesus nach unten. Er kam vom Himmel und ging kontinuierlich nach unten, nach unten, den ganzen Weg nach unten bis zum Kreuz. Kein einziges Mal änderte Er die Richtung und strebte nach oben.


Es gibt heute nur zwei Geister, die auf der Erde operieren: Einer, der Geist Satans (Luzifer), der Menschen dazu anhält, nach oben zu gehen ­ sei es nun in der Welt oder im Christentum. Der andere, der Geist Christi, leitet die Menschen an, so wie ihr Meister nach unten zu gehen. Wie das Weizenkorn ging Jesus nach unten, und alle Seine wahren Jünger können durch dieses Kennzeichen unverkennbar identifiziert werden.


Die Demut Jesu kann man in Seinem Tod in all ihrer Großartigkeit sehen. Es gab niemals ein ungerechteres Gerichtsverfahren als das, das Jesus durchmachte.


Doch Er unterstellte sich stillschweigend der Verwundung, der Beleidigung, der Ungerechtigkeit, der Demütigung und dem Spott. Er rief auf Seine Feinde keine Flüche herab. Er drohte auch nicht mit Rache, noch bat Er um die Unterstützung von Engeln. Als Sohn Gottes gab Er alle Rechte auf.


Die ,,geballte Faust" ist ein passendes Symbol für die Menschheit ­ sie signalisiert sowohl das Verlangen, auf seinen Rechten, Vollmachten und Besitztümern zu bestehen als auch das Verlangen zurückzuschlagen, wenn man angegriffen wird.


Jesus andererseits öffnete am Kreuz willig Seine Handflächen, um die Nägel zu empfangen. Seine Handflächen waren immer offen und gaben, gaben und gaben.


Schließlich gab Er auch Sein eigenes Leben auf. Das ist wahre ,,Männlichkeit", so wie Jesus sie geplant hat.


Der Jünger Jesu, der die göttliche Natur manifestieren möchte, muss bereit sein, Unrecht ohne Klagen zu erleiden.


Die Bibel sagt: ,,Aber wenn ihr um guter Taten willen leidet und es ertragt, das ist Gnade bei Gott. Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der nicht widerschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet" (1Pt 2,20-23).


Die Demut Jesu erlaubte es Ihm nicht, jemanden zu richten. Gott allein ist der Richter aller Menschen; und jeder Mensch, der einen anderen richtet, nimmt dabei einen Platz ein, der Gott allein zusteht. Als Mensch auf Erden sagte Jesus: ,,Ich richte niemand" (Joh 8,15). Er übergab das ganze Gericht Seinem Vater. Auch in diesem Punkt sehen wir die Schönheit Seiner Demut.


Jesus hat sich bereitwillig dem erniedrigenden Tod unterworfen, den Sein Vater für Ihn plante. Über die menschlichen Werkzeuge hinaus, die Seine Kreuzigung planten und ausführten, konnte Er die Hand des Vaters erkennen, und Er trank bereitwillig den Kelch, den Ihm ,,der Vater gab" (Joh 18,11).


,,Er ... ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz" (Phil 2,8).


Das ist der wahre Jesus der Heiligen Schrift. Zum Unterschied von modernen Evangelisten wurde Er nicht als Berühmtheit oder als ein Filmstar verehrt. Im Gegenteil, Er wurde von Menschen verachtet und abgelehnt; die damalige Welt beseitigte Ihn, indem sie Ihn an ein Kreuz nagelten. Die heutige Welt ist nicht anders; der Jünger steht nicht über Seinem Meister. Ein Christentum, das populär ist und die Ehre der Welt anzieht, ist eine Fälschung des wahren Glaubens. Das ganze Leben Jesu ­ von der Geburt bis zum Tode ­ demonstrierte die Tatsache, dass ,,das, was bei den Menschen hoch ist, ein Gräuel vor Gott ist" (Lk 16,15).


,,Lernt von mir" sagte Jesus, ,,denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig" (Mt 11,29). Demut war das Wichtigste, was die Jünger nach Jesu Aufforderung von Ihm lernen sollten. Und das ist es, was auch wir von Ihm lernen müssen.


Originalartikel: Living in Humility