Das neutestamentliche Muster des Dienstes

Autor :   Zac Poonen Kategorien :   Die Gemeinde
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Gleich von Beginn unseres Werkes in Indien haben wir uns entschieden, in jedem Bereich unseres Dienstes dem Muster zu folgen, das man im Neuen Testament findet ­ und nicht nach dem, was wir in den umliegenden Kirchen sahen.


Im ersten Jahrhundert benutzte der Herr Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer, um seine Gemeinde zu bauen (Eph 4,11). Wir beteten, dass wir auch heute alle diese fünf Dienste haben würden, um die Kirche in Indien zu bauen.


Apostel: Apostel waren Personen, die Gemeinden gründeten und ihre Ältesten ernannten (Apg 14,23). Sie waren für die Ältesten geistliche Väter und leiteten die Gemeinden, die sie gründeten. Sie formten ihre Kirchen nicht zu einer Glaubensgemeinschaft, sondern räumten jeder Gemeinde das Recht ein, sich selbst zu regieren. Wir sahen in den meisten Gemeinden um uns herum keinerlei apostolischen Dienst. Was wir unter ihnen sahen waren meistens zwei menschengemachte Systeme der Kirchenleitung: (i) Das Pyramiden-System: Dies war ein von einer Zentrale kontrolliertes System, mit einem Papst oder einem Superintendenten oder einem Präsidenten an der Spitze, der Bischöfe unter sich hatte, die wiederum Pastoren unter sich hatten, welche die Gemeinden leiteten. All diese Posten wurden durch Wahl besetzt! Dieses hierarchische System war eine exakte Nachahmung aus der Geschäftswelt.


(ii) Das System der Unabhängigkeit: In diesem System war jede Kirche vollständig unabhängig und niemandem rechenschaftspflichtig. Ein gewählter Vorstand lud einen Mann mit einem Abschluss von einer Bibelschule/Theologische Fakultät ein, um der Gemeinde als bezahlter Pastor vorzustehen. Nach ein paar Jahren entdeckte dieser Pastor eine größere Gemeinde, wo er hingehen konnte, um ein besseres Gehalt zu bekommen ­ und er zog schließlich dorthin. Dann würde der Vorstand die Stelle neu ausschreiben und einen anderen Pastor für ihre Gemeinde finden! In beiden Systemen gab es keine geistlichen Väter ­ nur gewählte und bezahlte Leiter. Wir haben beide dieser menschengemachten Systeme abgelehnt und trafen die Entscheidung, dem apostolischen Muster zu folgen, das im Neuen Testament beschrieben ist.


Propheten: Propheten (1Kor 12,28) waren Personen, deren Dienst darin bestand, dass sie die verborgenen Sünden und Fehler in einer Kirche offenbarten und die auch eine Lösung verordneten (1Kor 14,25). Ihr Dienst bestand darin, herauszufordern, zu ermutigen und die Gemeinde zu erbauen (1Kor 14,3). Aber einen solchen prophetischen Dienst findet man in unserer Zeit selten. Was wir sahen waren falsche Propheten, welche die Christen verführten, indem sie vorgaben, ihre Zukunft vorauszusagen (wie es Wahrsager tun). Der Herr schützte uns vor solchen Betrügern und gab uns einen echten prophetischen Dienst in unserer Mitte.


Evangelisten: Evangelisten waren Personen, die Menschen zu Christus führten und sie der örtlichen Gemeinde hinzufügten. Aber in unserer Zeit sehen wir, dass die Betonung auf ,,Evangelisationsfeldzügen" liegt, wo diejenigen, die zu Christus kommen, nicht gesammelt und zu einer neutestamentlichen Gemeinde geformt werden. Die meisten Bekehrungen, die in der Apostelgeschichte aufgezeichnet wurden, geschahen durch persönliche Evangelisation. Gott gab uns einige herausragende persönliche Evangelisten, die nicht nur Menschen zu Christus führten, sondern sie auch den örtlichen Gemeinden hinzufügten. Wir baten unsere Geschwister auch dafür zu beten, dass der Heilige Geist sie zu jenen Menschen in ihrer Umgebung führen würde, die nach einem gottesfürchtigen Leben strebten.


Der Herr beantwortete diese Gebete und fügte unseren Gemeinden viele Jünger hinzu. Wir waren ungefähr vier Familien, als wir uns im August 1975 in unserem Haus trafen. Aber Gott fügte danach viele Tausende aus allen Teilen der Welt zu uns hinzu ­ und der Großteil davon geschah durch persönliche Evangelisation.


Hirten: Der Hirte (in Eph 4,11 auch als ,,Pastor" übersetzt) ist eine Gabe für die Gemeinde ­ und nicht der Titel des Leiters einer Gemeinde (wie in heutigen Gemeinden). Die Leiter der neutestamentlichen Gemeinde wurden Älteste ­ nicht Pastoren ­ genannt, und es gab in jeder Gemeinde immer mehr als einen Ältesten.


Daher entschieden wir, dass jede Gemeinde, die der Herr durch uns gründete, mindestens zwei Älteste hatte. Manchmal mussten wir eine Zeitlang warten, bevor wir gottesfürchtige Männer fanden, die qualifiziert waren, Älteste zu sein. Aber nach und nach gab uns der Herr gottesfürchtige Älteste, um jede Gemeinde zu leiten.


Aber wir benötigten in jeder Gemeinde (neben den Ältesten) viele Hirten (Pastoren), die bei der Betreuung der Herde mithalfen. Jesu Beispiel zeigte uns, dass ein Mann nur 12 Personen effektiv betreuen konnte. So würde eine Gemeinde mit 120 Personen mindestens 10 Hirten (Pastoren) benötigen. Gott gab uns viele Brüder, die das Herz eines Hirten hatten, um für die Lämmer und Schafe zu sorgen, aber wir haben noch nicht das Verhältnis von einem Hirten für 12 Schafe erreicht.


Lehrer: Der Lehrer im Neuen Testament hatte die Aufgabe, die Gläubigen zu lehren ,,alles zu halten, was Jesus befohlen hatte" (Mt 28,20). Sie haben die Schrift nicht akademisch erklärt. Ihr Lehrdienst war stets praktisch und darauf ausgelegt, die Menschen zum Gehorsam gegenüber den Geboten unseres Herrn zu führen ­ Gebote wie ,,Liebt eure Feinde; vergebt allen Menschen; verliert nicht die Beherrschung; gelüstet nicht nach Frauen; sucht nicht die Ehre von Menschen; hütet euch vor Geldgier" usw. (Mt 5,22.28.44; 6,1-18.24). Wir haben in den meisten Gemeinden in unserer Umgebung nie Predigten über diese Wahrheiten gehört. Aber Gott gab uns Lehrer, die die Gläubigen lehrten, wie sie solchen Geboten des Herrn gehorchen sollten.


Finanzielle Unterstützung unserer Arbeiter: Im Neuen Testament wurden die Arbeiter des Herrn finanziell auf zwei Arten unterstützt: Einige wurden durch die Gaben der Gläubigen unterstützt, während andere wie Paulus sich selber versorgten. Aber in Indien war fast jeder christliche Arbeiter entweder ein bezahlter Arbeiter einer Gemeinde oder wurde durch die Gaben von Gläubigen unterstützt.


Daher sahen wir in Indien einen großen Bedarf für Arbeiter, sich selber zu versorgen, und damit die zweite Methode der Unterstützung, die wir im Neuen Testament finden, zu demonstrieren und somit das Gleichgewicht wiederherzustellen. Daher traf ich die Entscheidung, mich selbst zu versorgen und den Gemeinden in Indien ohne Bezahlung zu dienen. Ich entschied auch, dass ich für meine Bücher und die Audio-/Videokassetten unserer Kirche keine Honorare erhalten würde. Ich ermutigte meine Mitarbeiter, meinem Beispiel zu folgen. Das erstaunliche Wunder, das wir gesehen haben ist, dass wir nun in unseren Gemeinden in Indien mehr als 70 Älteste haben, die dem Herrn über viele, viele Jahre umsonst gedient haben. Einige von ihnen dienen in Indiens ärmsten Dörfern.


Berichte: Das Neue Testament enthält viele Briefe, die von den Aposteln geschrieben wurden. Aber sie gaben in diesen Briefen nie einen Bericht über ihr Werk. Noch baten sie um irgendwelche Geldmittel, um sich selber oder ihr Werk zu unterstützen. Aber fast jede christliche Organisation (die wir kannten) versandte regelmäßig Berichte über ihr Werk ­ und bat die Leute auf dreiste Weise um Geld.


Wir entschieden uns, dem Beispiel der Apostel zu folgen ­ und versandten nie irgendwelche Berichte oder Fotos von unserem Werk oder gaben nie Hinweise über unsere finanziellen Bedürfnisse an irgendjemanden außer unserem himmlischen Vater. Wir sind dieser Leitlinie von der Zeit an, als wir das Werk im Jahre 1975 begannen, gefolgt ­ und Gott hat all unsere Bedürfnisse reichlich befriedigt. Paulus teilte die Berichte über seine Arbeit nur mit seinen Mitarbeitern ­ und wir haben dasselbe getan.


Gemeinschaft: Gemeinschaft und Einheit unter seinen Jüngern waren die hauptsächliche Bürde von Jesu Gebet in Johannes 17. Dies war auch das Ziel der Apostel. Die meisten Gemeinden in unserer Umgebung betonten jedoch Aktivität ­ Versammlungen [Konferenzen, Tagungen] und immer mehr Versammlungen ­ und nicht Gemeinschaft und Einheit. Wir wertschätzen Versammlungen. Aber wir empfanden, dass Gemeinschaft wichtiger war. Daher organisierten wir Picknicks und andere Aktivitäten, durch die wir uns besser kennenlernten. Bei diesen Picknicks organisierten wir Spiele mit unseren Jugendlichen und Kindern und vertieften damit unsere Gemeinschaft miteinander. Auf diese Weise bauten wir eine tiefe Gemeinschaft unter uns, die kostbar und ohne Parallele war.


Es gab viele andere Bereiche wie diesen, wo wir Dinge anders handhabten als die Gemeinden in unserer Umgebung. Es war ein Kampf, diesen neuen Methoden den Weg zu bahnen und zu den Praktiken des Neuen Testamentes zurückzukehren.


Satan hat sich uns heftig widersetzt und viele Christen haben uns kritisiert. Aber Gott war mit uns ­ und das war alles, was zählte.


Originalartikel: The New Testament Pattern of Ministry